In Frankreich sind am Donnerstag zum dritten Mal seit Amtsantritt des neuen Premierministers Sébastien Lecornu zehntausende Menschen auf die Straßen gegangen, um gegen den erwarteten Sparhaushalt zu protestieren. Die Beteiligung fiel im Vergleich zum vorherigen Protesttag vor zwei Wochen allerdings schwächer aus. Nach Angaben des Innenministeriums beteiligten sich landesweit 195.000 Menschen an den Protestaktionen – Mitte September hatte das Ministerium 500.000 Teilnehmer gezählt.
Die Gewerkschaft CGT erklärte, im ganzen Land hätten „fast 600.000 Demonstranten“ an den Protesten teilgenommen. Beim letzten Mal hatte die Gewerkschaft fast eine Million Teilnehmer gemeldet. Die Generalsekretärin der CGT, Sophie Binet, die an der Spitze des Demonstrationszuges in Paris marschierte, sprach von einer „starken Entschlossenheit“ der Arbeitnehmer.
In Paris nahmen Polizeiangaben zufolge 24.000 Menschen an den Protesten teil und damit etwa halb so viele wie bei den Protesten am 18. September. Den Angaben zufolge gab es im Großraum Paris vier Festnahmen.
François Hommeril, Präsident der Gewerkschaft CFE-CGC, räumte allerdings ein, „dass wir am Ende einer Phase angelangt sind“. „Man darf die Menschen auch nicht überstrapazieren“, fügte er hinzu. Es sei deutlich, dass „die Mobilisierung nicht mehr das Niveau von vor zwei Wochen hat“.
Auch in anderen Städten hatten die Kundgebungen weniger Zulauf als vor zwei Wochen: In Montpellier sank die Teilnehmerzahl von 10.000 auf 4000, in Straßburg von 5000 auf 1500.
Unterdessen verdichten sich Hinweise, dass Lecornu am Wochenende eine leicht verkleinerte Regierungsmannschaft vorstellen will, in der die wichtigsten Posten nicht neu besetzt werden. Lecornu trifft sich am Freitag erneut mit Vertretern der rechtspopulistischen Partei Rassemblement National und der Sozialisten, um zu vermeiden, dass seine künftige Regierung bei der Debatte über den Haushaltsentwurf erneut gestürzt wird.
Es wird damit gerechnet, dass Außenminister Jean-Noël Barrot, Inneminister Bruno Retailleau, Justizminister Gérald Darmanin und Bildungsministerin Elisabeth Borne ihre Posten behalten. Offen ist das Schicksal von Kulturministerin Rachida Dati, gegen die 2026 ein Korruptionsprozess ansteht. Sie will außerdem bei den Kommunalwahlen nächstes Jahr in Paris antreten.
Neu besetzt wird voraussichtlich das Wirtschaftsministerium, da Amtsinhaber Eric Lombard zu sehr mit dem Sparplan des früheren Premierministers François Bayrou in Verbindung gebracht wird. Der frühere Industrieminister Roland Lescure ist im Gespräch.
Schließlich muss Lecornu einen Nachfolger für sein bisheriges Amt als Verteidigungsminister finden. Als Kandidatin wird die bisherige Arbeitsministerin Catherine Vautrin genannt.
Lecornu wird voraussichtlich am Dienstag seine Regierungserklärung abgeben, in der er sich dann erstmals näher zu seinen Haushaltsplänen äußern dürfte.
Angesichts der dramatischen Staatsverschuldung in Höhe von etwa 115 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) und einem einem Defizit von 5,8 Prozent muss Frankreich im kommenden Jahr mit drastischen Einschnitten bei den öffentlichen Ausgaben rechnen. Die Rating-Agentur Fitch hatte kürzlich erst Frankreichs Kreditwürdigkeit heruntergestuft.