Nach dem verheerenden Erdbeben in Afghanistan haben Einsatzkräfte am Dienstag fieberhaft nach Verschütteten gesucht. Der Leiter der Katastrophenschutzbehörde der Provinz Kunar, Ehsanullah Ehsan, sagte, die Rettungs- und Bergungsarbeiten seien „die ganze Nacht über“ fortgesetzt worden. In abgelegenen Dörfern gebe es immer noch Verletzte, die dringend ins Krankenhaus gebracht werden müssten.
Auch Dorfbewohner beteiligten sich an der Suche. Sie räumten teilweise mit bloßen Händen die Trümmer einfacher Lehm- und Steinhäuser weg, um Verschüttete zu befreien. Der 26-jährige Obaidullah Stoman, der im Dorf Wadir bisher vergeblich nach einem Freund suchte, zeigte sich erschüttert vom Ausmaß der Zerstörung. Der Anblick sei für ihn „sehr schwierig“. Von den Häusern seien „nur noch Trümmer übrig“.
Das Beben der Stärke 6,0 hatte sich in der Nacht zum Montag in der Nähe der Großstadt Dschalalabad im Osten Afghanistans ereignet. Nach Angaben der Taliban-Regierung kamen mehr als 800 Menschen ums Leben, mehr als 2700 weitere Menschen wurden verletzt. Die Behörden warnten aber bereits, dass die Opferzahl in der entlegenen Bergregion an der Grenze zu Pakistan vermutlich noch weiter ansteigen wird.
Am schlimmsten betroffen ist die Provinz Kunar, wo es nach offiziellen Angaben bisher mindestens 800 Tote und 2500 Verletzte gab. In der angrenzenden Provinz Nangarhar wurden demnach mindestens zwölf Menschen getötet und 255 verletzt. Auch aus der Provinz Laghman wurden mehrere Dutzend Verletzte gemeldet.
Die Rettungs- und Bergungsarbeiten gestalten sich schwierig. Nach Angaben der UNO waren einige der am schlimmsten betroffenen Dörfer in Kunar wegen verschütteter Straßen zunächst nicht zu erreichen. Hinzu kommt, dass die humanitäre Lage in Afghanistan infolge der Machtübernahme der radikalislamischen Taliban im August 2021 ohnehin katastrophal ist. Der Westen hat seine Hilfen seitdem stark zurückgefahren.
Afghanistan wird häufig von Erdbeben erschüttert, insbesondere am Hindukusch, wo die Eurasische und die Indische Erdplatte aufeinander treffen. Da viele Häuser in dem Land schlecht gebaut sind, richten die Erdstöße oftmals schwere Schäden an. Im Oktober 2023 waren in Afghanistan mehr als 1500 Menschen ums Leben gekommen, als ein Erdbeben der Stärke 6,3 die westliche Provinz Herat erschütterte.