Wirtschaftsministerin Katherina Reiche will die Einspeisevergütung für neue Photovoltaik-Anlagen streichen. Damit wiederholt sie die Fehler der Vorgängerregierung.
Jeder Mensch macht Fehler, darf er auch. Das macht uns alle ja so menschlich. Aber nicht umsonst heißt es, wer den gleichen Fehler zweimal macht, hat offenbar aus dem ersten Mal nichts gelernt. Das darf man nun Wirtschaftsministerin Katherina Reiche vorwerfen: Sie verkündete, die Förderung für private Photovoltaik-Anlagen müsse gestrichen werden. Denn die Photovoltaik-Dachanlagen rechneten sich auch schon ohne die bisher zugesicherte Einspeisevergütung. Zudem liege ihr der Stromnetzausbau am Herzen, der dürfe nicht verteuert werden.
Diese Aussage ist eins zu eins die Neuauflage der Ankündigung, die neue Regierung werde die Heizungsförderung abschaffen.
Ach genau, und hatte nicht die Vorgängerregierung kurz zuvor einige KfW-Förderungen eingestampft oder zur Disposition gestellt und damit die Bedingungen bei der Energiesanierung unberechenbar gemacht? Was daraus folgte, tritt mittlerweile klar zutage: Die Sanierungszahlen im Bestand sind komplett eingebrochen. Der Markt der Wärmepumpen stand nahezu still. Und beim Neubau ging noch weniger voran, weil kein Bauträger es mehr vermochte, Bau- und Anlagenkosten abzuschätzen. Seit eineinhalb Jahren nun schlingert die Branche der Gebäudebauer und Sanierer von einer Unwägbarkeit in die nächste. Obwohl eine Binsenweisheit der Ökonomen lautet: Unsicherheit ist Gift für die Wirtschaft. Und auch fürs Wachstum.
Ereilt Photovoltaik das gleiche Schicksal wie die Wärmepumpe?
Auf das Heizungsförderchaos reagierten die privaten Hausbesitzer prompt: Erst verfielen sie in Schockstarre und versuchten zuletzt noch Förderungen mitzunehmen, solange es ging. Das führt derzeit zu einer Wärmepumpen-Sonderkonjunktur, von der aber niemand weiß, wie lange sie noch anhält. Bei den Solaranlagen könnte es ähnlich kommen. Die Photovoltaik-Zubauzahlen waren rund um die Bundestagswahl bereits massiv geschrumpft, sie hatten sich erst im Juli wieder knapp auf Vorjahresniveau erholt. Würde die Einspeisevergütung wirklich gekappt, dürften viele private Hausbesitzer auf den Bau neuer Anlagen verzichten. Obwohl sie ja angeblich so wirtschaftlich sind.
Hier vergisst die Wirtschaftsministerin zwei wichtige Dinge: Eine wirkliche Förderung von Solaranlagen gibt es erstens nicht. Zumindest nicht in dem Sinne, dass Immobilienbesitzern bei der Anschaffung geholfen würde. Wenn jemand einen Kredit dafür aufnehmen muss, um eine rund 20.000 Euro teure Einfamilienhausanlage zu kaufen, erhält er zwar einen KfW-Kredit, doch wirklich günstig ist dessen Zinssatz mit rund 3,25 Prozent beileibe nicht. Für die Konditionen nämlich bekommt man aktuell auch einen Kredit bei der Hausbank. Wer die Photovoltaik-Anlage dagegen bar bezahlt, erhält in den allermeisten Fällen keinerlei Zuschüsse, weil viele Kommunen und Länder ihre Förderprogramme dazu wieder eingestampft haben. Käufer bekommen nur die Mehrwertsteuer erlassen, zahlen aber den vollen Anlagenpreis.
Zweitens: Der Betrieb rechnet sich also nur über den eingesparten Stromverbrauch – und damit nur für Eigenheimbesitzer und Selbstverbraucher. Meist über die Dauer von circa 20 Jahren. Wie aber bringt man nun all die Mehrfamilienhausbesitzer und Vermieter dazu, ihre Immobilien ebenfalls mit Photovoltaik-Anlagen auszustatten? Richtig, indem man ihnen irgendeine Art von Vergütung dafür gewährt, damit sie das Investment überhaupt auf sich nehmen – wenn schon nur der Mieter von der Stromproduktion profitiert, aber nicht der Hausbesitzer selbst. Für Vermieter war die Einspeisevergütung bisher wenigstens ein kleiner Anreiz. Eine Belohnung für jene Phasen, in denen die Anlage mehr Strom produziert, als die Hausbewohner über den Konsum abnehmen.
Es gibt tatsächlich sinnvollere Förderungen
Nun kann man diskutieren, wie sinnvoll eine auf 20 Jahre garantierte Einspeisevergütung überhaupt ist. Man könnte auf sie verzichten, wenn man stattdessen eine viel sinnvollere einmalige Photovoltaik-Einbauprämie zahlte. Die würde sicherlich genauso viele Menschen motivieren, wenn nicht sogar mehr. Das beweist Österreich derzeit eindrucksvoll: Seit der Fördertopf für Solaranlagen dort aufgestockt wurde, vervierfachte sich prompt die Zahl der Photovoltaik-Anträge.
Natürlich kann man kritisieren, dass der Strom der vielen Kleinanlagen ausgerechnet ins Netz fließt, wenn er am wenigsten gebraucht wird – an Sonnentagen, mittags. Aber kann man das wirklich den Privatleuten vorwerfen, die sich auf eigene Kosten überhaupt teure Kollektoren aufs Dach legen? Wenn sie clever sind und genug Geld haben, stellen sie sich ohnehin gleich noch einen Batteriespeicher in den Keller – damit aber steigt das Invest für ein Eigenheim auf rund 30.000 Euro. Der Speicher vergrößert dafür deutlich die Stromautarkie, auf rund 70 Prozent. Es muss also viel weniger Strom vom Versorger für gut 30 Cent pro Kilowatt zugekauft werden. Das bringt dem Anlagenbetreiber erheblich mehr als die übersichtliche Einspeisevergütung von knapp 8 Cent.
Aber jetzt mal ehrlich: Wären hier nicht auch die Netzbetreiber und Stadtwerke gefragt, endlich mehr entsprechende Großspeicher zu bauen, um die Spitzenlast abzupuffern? Schließlich könnten sie so den massenhaft billig eingekauften Strom später drei- bis viermal teurer weiterverkaufen. Oder den Strom über Smart Meter besser und effizienter verteilen? Oder ihn in Elektroautos pumpen. Natürlich arbeiten viele von ihnen an solchen Lösungen, aber längst nicht schnell genug. Weil man die Wirtschaft nicht zwingen kann, setzt die Regulierung wieder einmal bei den Privatleuten an.
Überspitzt ausgedrückt: Endlich produzieren Privathaushalte massenhaft Ökostrom, weil sie auf eigene Kosten ins Photovoltaik-Geschäft einsteigen. Mit dem jetzigen Zubau könnte Deutschland seine Photovoltaik-Hochlaufpläne für 2030 tatsächlich einhalten. Aber weil die Großunternehmen das Hochrüsten ihrer Anlagen zu gemütlich planen, droht die Ministerin, nun lieber den Stromzulauf zu kappen, statt den Verteilerfirmen endlich Beine zu machen und mehr Speicher zu schaffen. Klingt das nicht reichlich absurd?
Ein Blick noch nach Österreich: Dort können Photovoltaik-Anlagenbesitzer seit 2017 schon Energy Sharing mit der Nachbarschaft betreiben, seit 2021 auch über Grundstücksgrenzen hinweg. Das heißt: Ein Haus produziert Strom per Photovoltaik, und mehrere andere Häuser klemmen sich als Stromabnehmer dran. Will man hierzulande auch einführen. Auch die Vorgängerregierung wollte das schon. Wann das Gesetz kommt? Mit Glück Mitte 2026. Vielleicht werden aber auch dafür wieder die Regeln geändert.