Die Justizpanne am Wuppertaler Landgericht weitet sich aus. Nun wurde die Freilassung eines weiteren mutmaßlichen Drogendealers angeordnet.
Die Justizpanne in Wuppertal hat einem weiteren als Drogendealer verurteilten Mann die Freiheit beschert. Das Oberlandesgericht habe am Donnerstag die Freilassung des zu 13 Jahren Haft verurteilten Mannes aus der Untersuchungshaft in Duisburg-Hamborn angeordnet, sagte eine Gerichtssprecherin auf dpa-Anfrage. Zuvor war bereits ein wegen Drogenhandels zu zehn Jahren Haft verurteilter Mann freigelassen worden.
„Das, was hier passiert ist, darf nicht passieren“, hatte NRW-Justizminister Benjamin Limbach (Grüne) am Mittwoch im Rechtsausschuss des Landtags gesagt. Es handele sich um einen schwerwiegenden Einzelfehler.
Das im vergangenen Jahr ergangene Urteil war fristgerecht schriftlich verfasst und der Protokollentwurf von den Schreibkräften fristgerecht vorgelegt worden. Danach war aber nichts mehr geschehen. Weil das abgesegnete Protokoll fehlte, war auch das Urteil nicht verschickt worden.
Um die Revision beim Bundesgerichtshof begründen zu können, sind die Verteidiger auf das schriftliche Urteil und das Protokoll der Hauptverhandlung angewiesen.
Erster Verurteilter kam am 5. Juni frei
Neun Monate nach dem Urteilsspruch hatte der erste Verteidiger Haftbeschwerde eingereicht. Für Haftsachen gilt ein Beschleunigungsgebot. Das sahen die Richter am Oberlandesgericht nach 20 Monaten Untersuchungshaft nicht mehr gewahrt und ließen den ersten Verurteilten am 5. Juni frei.
Warum den Verteidigern Anfang Juni weder Urteil noch Protokoll vorlag, wird nun dienstaufsichtsrechtlich von der Präsidentin des Landgerichts geprüft.
Am Wuppertaler Landgericht gebe es keine Personalnot. Die Belastungsquote sei sogar etwas unterdurchschnittlich, hatte ein Ministeriumsmitarbeiter erläutert. Die betroffene Strafkammer selbst habe auch keine Überlastung angezeigt.
OLG-Präsident ist „völlig fassungslos“
Der Fehler in der Behandlung liege beim Kammervorsitzenden, hatte der Präsident des Oberlandesgerichts, Werner Richter, gesagt. Er sei „völlig fassungslos“ gewesen, als er davon gehört habe. So etwas sei seiner Kenntnis nach in den vergangenen Jahrzehnten nicht vorgekommen. „Das Vertrauen in den Rechtsstaat wird durch einen solchen Fehler gefährdet.“
Eine Sprecherin des Landgerichts hatte darauf hingewiesen, dass die Freigelassenen, wenn die Revision verworfen und das Urteil rechtskräftig wird, die Reststrafe absitzen müssen – vorausgesetzt, sie sind auffindbar. Die Aussetzung der Untersuchungshaft sei kein Straferlass.