DFB-Pokal: BVB im Krisenmodus – Sahin: „Kommen da gemeinsam raus“

Der Trainer in der Kritik, die Personallage bedenklich, die Auswärtsbilanz verheerend – beim BVB herrscht schon früh in der Saison Alarmstimmung. Beim Pokalspiel in Wolfsburg droht weiteres Ungemach.

Von der Gelassenheit der ersten Amtstage ist wenig geblieben. Aus Sorge vor dem nächsten Offenbarungseid der Mannschaft schaltete auch Lars Ricken in den Krisenmodus. Stundenlang verweilte der neue Dortmunder Sportchef am Trainingsgelände und versuchte in diversen Einzelgesprächen die Probleme zu ergründen. Dabei nahm er die Profis vor dem DFB-Pokalspiel am Dienstag (20.45 Uhr/ARD und Sky) beim VfL Wolfsburg mit deutlichen Worten in die Pflicht: „Ich erwarte, dass sich jeder Einzelne die einfache Frage stellt, wie er seine individuelle Qualität, die ihn letztlich zum BVB gebracht hat, im Sinne der Mannschaft effektiv ausschöpft.“

Trotz der hochgelobten Neuzugänge im vergangenen Sommer leistete sich die Mannschaft den schlechtesten Saisonstart seit zehn Jahren. Auch bei der 1:2-Niederlage am vergangenen Samstag in Augsburg blieb der BVB weit unter seinen Möglichkeiten. Das verstärkte die Kritik an der Arbeit von Nuri Sahin. Der Fußball-Lehrer musste sich schon wenige Tage zuvor nach dem 2:5 in der Champions League bei Real Madrid den Vorwurf gefallen lassen, das Spiel nach einer 2:0-Führung mit einer defensiven Taktik aus der Hand gegeben zu haben. 

Rückendeckung für Sahin

Noch scheint der Job des Trainers nicht akut gefährdet: „Ich sehe ihn sehr konstruktiv, gewissenhaft und intensiv mit der Mannschaft arbeiten“, urteilte Ricken in den „Ruhr Nachrichten“, „unsere Aufgabe ist es, gemeinsame pragmatische Lösungen zu finden“. Ein ähnliches Treuebekenntnis hatte Sportdirektor Sebastian Kehl bereits wenige Minuten nach der Niederlage in Augsburg abgegeben: „Wir marschieren gemeinsam weiter und stehen komplett dahinter.“ 

Findet die Mannschaft jedoch auch in Wolfsburg und im anschließenden Bundesliga-Heimspiel vier Tage später gegen den Tabellenzweiten RB Leipzig nicht in die Spur, könnten sich diese Aussagen schnell als Lippenbekenntnisse erweisen. Sahin selbst stellt seine bisherige Strategie trotz der schwachen Bilanz nicht grundsätzlich in Frage. „Ich werde jetzt nicht in Aktionismus verfallen und versuchen, Zeichen nach außen zu setzen, damit ich in einem anderen Licht dastehe“, antwortete er auf die Frage, ob er eine Degradierung des zuletzt schwachen Kapitäns Emre Can nicht für sinnvoll halte.

Bedenkliche Auswärtsschwäche

Auch die von vielen Experten geäußerten Zweifel an der Mentalität des Teams hält er für unangebracht: „Ich weiß zu 100 Prozent, dass meine Jungs wollen. Das Gefühl habe ich bei dieser Mannschaft.“ Der 36-Jährige hofft auf eine schnelle Trendwende – am liebsten schon in Wolfsburg. „Wir werden da gemeinsam rauskommen.“ 

Die bislang schwache Auswärtsbilanz verheißt allerdings nicht Gutes für das Gastspiel in Niedersachsen. In vier Bundesligapartien jenseits der Heimat verbuchte der BVB lediglich einen Punkt. Bei der Ursachenforschung tun sich alle Beteiligten weiterhin schwer. „Ich bin seit sechs Jahren hier und habe so eine Phase noch nie erlebt“, gestand der zurzeit ebenfalls formschwache Führungsspieler Julian Brandt, „es gibt so viele Warum-Fragen und Wieso-Fragen. Ich kann sie gar nicht alle beantworten.“

Wachsende Personalsorgen

Als wäre die sportliche Situation nicht schwierig genug, muss Sahin auch noch mit wachsenden Personalsorgen leben. Neben den Langzeitverletzten Karim Adeyemi, Julien Duranville, Niklas Süle, Giovanni Reyna und Yan Couto drohen auch Julian Ryerson (Adduktoren), Waldemar Anton (Bauchmuskeln und Hüfte) und Marcel Sabitzer (Rücken) auszufallen. Alle drei Profis waren in Augsburg angeschlagen ausgewechselt worden. 

„Bei Julian Ryerson habe ich keine große Hoffnung“, sagte der BVB-Coach vor einer abschließenden medizinischen Untersuchung des Abwehrspielers. Etwas besser stehen die Chancen laut Sahin bei Anton und Sabitzer. Ob der Innenverteidiger und der Mittelfeldspieler im Kader stehen, entscheidet sich kurzfristig. „Da zählt im Moment jede Sekunde“, sagte Sahin.