2. Fußball-Bundesliga: Rendezvous mit Rangnick? – Hertha denkt wieder groß

Die Hertha will wieder nach oben. Kurz vor dem Trainingsstart sorgt ein Bericht über Ralf Rangnick als möglichem starken Mann der Berliner für Aufsehen. Würde das passen? Und will Rangnick überhaupt?

Erst die klare Aufstiegsansage von Präsident und Trainer, dann der Bericht über ein Gespräch mit Ralf Rangnick: Bei Hertha BSC wird vor der dritten Saison in der 2. Fußball-Bundesliga nach schweren Jahren wieder groß gedacht. Ein angebliches Treffen von Club-Chef Fabian Drescher mit Rangnick als Kandidat für den vakanten Posten des Sport-Geschäftsführers ist vor dem Trainingsstart am Montag (15.00 Uhr) ein weiteres Indiz für das zurückgekehrte Selbstvertrauen der Berliner – trotz Platz elf in der vergangenen Spielzeit. 

Drescher und Coach Stefan Leitl hatten die Bundesliga-Rückkehr zuletzt als klares Ziel ausgerufen. Sollte tatsächlich Rangnick von der Hertha als neuer, starker Mann geholt werden, wäre das ein echter Coup. 

Den „Bild“-Bericht über eine Kontaktaufnahme und ein grundsätzliches Interesse des als Nationalcoach in Österreich nicht immer rundum zufriedenen Rangnick wurde von der Hertha nicht kommentiert. Das muss nichts heißen. Auf Personalspekulationen reagiere man grundsätzlich nicht.

Die Hertha-Perspektive

Fakt ist: Nach dem mehr oder weniger freiwilligen Rückzug von Geschäftsführer Tom Herrich suchen die Berliner weiter einen Nachfolger. Jonas Boldt und Jochen Sauer waren erste Kandidaten, sind aber schon lange aus dem Rennen. Zuletzt galt Samir Arabi als aussichtsreichster Anwärter. Präsident Drescher beklagte, dass Namen in der Hauptstadt immer schnell publik werden. Jetzt sickerte Rangnick als prominente Option durch.

Wenn nun in dieser Kategorie gedacht wird, beweist das auch, dass die Hertha bereit für einen Strategiewechsel ist. Mit dem einstigen RB-Architekten in der Schaltzentrale würde man ganz viel Expertise und Know-how holen, sich aber auch dessen Handeln hingeben. Ohne maximale Befugnisse macht der 66-Jährige das sicher nicht. Ob das bei den Fans gut ankommt? Passt Rangnick mit seiner Red-Bull-Historie zum vielbeschworenen „Berliner Weg“? Das müsste Drescher den Anhängern ausführlich erklären. 

Überraschend wäre ein Rangnick-Engagement auch angesichts der finanziell unverändert angespannten Lage. Die Zweitliga-Lizenz gab es erst im zweiten Anlauf. Der strikte Sparkurs müsste für diese Personalie vermutlich außer Kraft gesetzt werden. Der Aufstiegsdruck würde noch mehr steigen. 

Die Rangnick-Perspektive

Zum FC Bayern ging Rangnick als Trainer im vergangenen Sommer nicht. Und jetzt soll er zur Hertha kommen? Das klingt zunächst absurd. Aber auszuschließen ist im Fußball-Business bekanntlich gar nichts. Eine entscheidende Frage ist, wie wohl sich der Konzept-Denker noch in Österreich fühlt. Bei der Bayern-Absage war die EM-Teilnahme mit Felix Austria präsent, die Perspektiven waren hervorragend. 

Jetzt blickt er mit rot-weiß-rot zwar Richtung WM 2026, aber die Teilnahme ist trotz sechs Punkten aus zwei Quali-Spielen nicht garantiert, in der Nations League wurde zuvor die Rückkehr in die Top-Liga verpasst. Und im Verhältnis zum Verband knirscht es immer wieder mächtig. 

In Berlin könnte er sich in seiner Paradedisziplin als strategischer Entwickler wie einst bei der TSG Hoffenheim und RB Leipzig ausleben. Aber Rangnick weiß schon, wie kompliziert das Wirken in der Hauptstadt sein kann. 

Ex-Aufsichtsrat Jürgen Klinsmann wollte ihn noch zu Zeiten von Investor Lars Windhorst als Trainer holen. Die folgende Absage sorgte später für reichlich Wirbel. Rangnick musste angebliche Aussagen Klinsmanns zu seinem Verhältnis zu Ex-Sportchef Michael Preetz dementieren. Strukturell erfolgreiches Arbeiten war bei der Hertha in den vergangenen Jahren schwer. Aber vielleicht reizt Rangnick auch gerade das. 

Die Hertha-Aussichten

Wenn Leitl am Montag mit dem ersten Training auf dem Schenkendorffplatz neben dem Olympiastadion loslegt, ist die Aufbruchstimmung spürbar. „Unser Ziel kann es nur sein, alles daranzusetzen, um in die Bundesliga aufzusteigen“, sagte der Trainer in einer Videobotschaft bei der Mitgliederversammlung im Mai. Drescher und Sportchef Benjamin Weber wirkten überrascht, stimmten dann aber zu. Daran wird sich Leitl nun messen lassen müssen. 

Mit den Vertragsverlängerungen von Fabian Reese (2030) und Michael Cuisance (2029) sind zwei sportlich wichtige Personalien geglückt. In Paul Seguin vom FC Schalke 04 bekam der Coach einen weiteren Wunschspieler. Innenverteidiger Anthony Brooks soll nach zehn Monaten Pause ins Mannschaftstraining zurückkehren. Mit einem guten Saisonstart könnte eine Euphorie entfacht werden, die die Hertha ganz nach oben tragen könnte. 

Der Sommerfahrplan 

Nach dem Trainingsauftakt folgt am 28. Juni der erste Test beim Ludwigsfelder FC sowie weitere Vergleiche mit dem BFC Dynamo und TSV Havelse. Vom 11. bis 19. Juli geht es ins Trainingslager nach Kitzbühel. Einen Tag später steht die Saisoneröffnung im Olympiapark auf dem Programm, ehe Hertha am 25. Juli zu einem internationalen Test in Schottland beim FC Motherwell antritt. 

Der erste Spieltag der 2. Bundesliga steigt dann zwischen dem 1. und 3. August. In der ersten Pokalrunde (15.-18. August) erwischte man mit dem Gastspiel bei Ligakonkurrent Preußen Münster ein schweres Los.