Serie: stern-Legenden: Frida Kahlo – die Starke

In ihrem Werk vereinen sich Schönheit und Schmerz. Die mexikanische Malerin Frida Kahlo steht für Kampfgeist, Leidenschaft und Selbstbestimmtheit.

Kurz nachdem sie an diesem 17. September in den Bus steigt, wird der Schmerz zu ihrem ewigen Begleiter. Frida Kahlo, 18 Jahre alt, Medizinstudentin, zuckelt mit ihrem Freund durch das Mexiko-Stadt von 1925. Der Bus kracht in eine Straßenbahn, eine Stahlstange bohrt sich durch Kahlos Becken, unzählige Knochen brechen. Die Folgen des Unfalls werden ihr ganzes Leben prägen. „Ich bewohne einen Planeten der Schmerzen, durchsichtig, wie aus Eis, in dem nichts verborgen bleibt“, beschreibt es Kahlo.

Frida Kahlo, Künstlerin, Revolutionärin, Geliebte – die mexikanische Malerin ist längst eine Kultfigur, ein Idol vor allem für junge Frauen. Wegen ihrer bunten, surrealistischen Gemälde, die Schönheit und Schmerz so grandios vereinen, aber auch, weil sie stets selbstbestimmt war, nie aufgab, immer kämpfte.

Mit sechs erkrankt Frida Kahlo an Kinderlähmung

Geboren 1907 in Mexiko-Stadt, wächst sie mit drei Schwestern und zwei Halbschwestern auf. Ihr Vater ist Fotograf und entstammt einer bürgerlichen Familie aus Deutschland. Die Mutter, eine Mexikanerin, bringt den Töchtern Hausarbeit bei, Sticken, Nähen. Als Frida sechs ist, erkrankt sie an Kinderlähmung, die ersten Schmerzen, der erste Rückschlag, der sie lange ans Bett fesselt. Auch die Wirbelsäule macht Probleme. Ihr rechtes Bein bleibt schließlich verkürzt, doch sie lernt wieder laufen, schwimmt, fährt Rad.

Zwölf Jahre später, nach dem Unfall, muss sie erneut das Bett hüten, kann sich lange kaum bewegen. Um sich die Zeit zu vertreiben, beginnt sie zu malen. Kaum jemand glaubt, dass sie je wieder laufen wird, doch sie kämpft sich zurück, mit Willenskraft und Leidenschaft – Attribute, die lebenswichtig werden für Frida Kahlo.

32 Operationen in 29 Jahren muss sie erdulden, immer wieder liegen, ein Stahlkorsett oder einen Ganzkörpergips tragen. Vom Malen hält sie das nicht ab, im Gegenteil. Ihre Schmerzen und Ängste verarbeitet sie in ihren leuchtenden Selbstporträts – auf 60 ihrer 143 Werke sieht man die Künstlerin selbst. „Ich male mich, weil ich sehr viel Zeit allein verbringe und weil ich das Motiv bin, das ich am besten kenne“, sagt sie.

Auch der seelische Schmerz ist Thema ihrer Kunst. So verarbeitet sie in den Bildern auch die komplizierte Beziehung zu ihrer großen Liebe, dem Maler Diego Rivera. Als die beiden sich kennenlernen, ist Rivera doppelt so alt wie Kahlo und bereits berühmt. Er bestärkt sie weiterzumalen. Auch ihre politische Anschauung verbindet die beiden, Kahlo tritt wie Rivera in die Kommunistische Partei ein. Sie heiraten, leben zeitweise in New York. Dort werden 1938 erstmals Kahlos Bilder ausgestellt – ihr Durchbruch.

Ihr Mann betrügt sie mit ihrer jüngeren Schwester

Die notorische Untreue ihres Mannes quält Frida Kahlo. Sogar mit ihrer jüngeren Schwester betrügt er sie. Kahlo zieht nach, hat ebenfalls Affären, mit Frauen wie Männern. Nach zehn Jahren lassen sich die beiden scheiden – ein Jahr später heiraten sie wieder.

Frida Kahlo lehrt fortan an der Kunstschule La Esmeralda, doch die Schmerzen werden schlimmer. Sie muss das Gipskorsett nun ständig tragen, sitzt im Rollstuhl, ihr rechtes Bein wird amputiert. Zu ihrer ersten Ausstellung in Mexiko lässt sie sich 1953 im Bett bringen – sie kann nicht aufstehen, will sich den Auftritt im eigenen Land aber nicht nehmen lassen. Ein Jahr später stirbt Frida Kahlo mit nur 47 Jahren an einer Lungenembolie. Ihr Schaffen aber, ihr Einfluss, ihre Strahlkraft ist bis heute ungebrochen.