Meinung : Nationalität in Polizeimeldungen erzeugt Vorurteile statt Transparenz

Das schleswig-holsteinische Innenministerium verpflichtet die Polizei, künftig immer die Nationalität von Tatverdächtigen zu nennen. Das ist ein Skandal.

Die Polizei in Schleswig-Holstein muss künftig in Pressemeldungen über Straftaten immer die Nationalität der Verdächtigen nennen. Eine entsprechende Anweisung hat das Innenministerin vor wenigen Tagen erteilt. Man sollte vorsichtig sein mit dem Wort „Skandal“ – aber dies ist einer. 

Polizeibehörden aller Länder geben täglich Hunderte von Pressemeldungen heraus. In Schleswig-Holstein vermeldete die Polizei am Donnerstag etwa, eine „Trunkenheitsfahrt auf der BAB 1 bei Reinfeld“ gestoppt zu haben. Die Fahrerin war 65 Jahre alt.

In einer anderen Meldung war die Rede davon, dass ein „65-jähriger Ostholsteiner“ versucht habe, „Unkraut mit einem Gasbrenner zu entfernen“. Dabei habe er einen Brand verursacht.

Und vor einigen Tagen berichtete die Polizei von einem 17-Jährigen, der sich gestellt habe, nachdem er einen Gleichaltrigen mit einem Messer schwer verletzt haben soll. „Er kam in Gewahrsam und wurde am Nachmittag auf Antrag der Staatsanwaltschaft Kiel einem Haftrichter vorgeführt. Dieser folgte dem Antrag und erließ Untersuchungshaftbefehl wegen versuchten Totschlags.“ 

Man sollte denken, alle mehr oder weniger wichtigen Informationen seien enthalten: Trunkenheitsfahrten werden geahndet, Gasbrenner sind nichts für den Garten, und ein offenbar gefährlicher junger Mann sitzt in U-Haft. In Zukunft aber wird man von der schleswig-holsteinischen Polizei erfahren, welchen Pass die betrunkene Autofahrerin hat, man wird Klarheit darüber erlangen, ob der „Ostholsteiner“ ein Deutscher ist, und man wird über die Nationalität des mutmaßlichen Messerstechers informiert. Wozu soll das gut sein?

Die Nationalität hat nichts zu tun mit Kriminalität

Der Irrsinn geht zurück auf einen Erlass der schleswig-holsteinischen Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack. Die CDU-Politikerin sagt, dass die Maßnahme dem Ziel diene, mehr „Transparenz“ zu schaffen. Tatsächlich ist es eine Maßnahme, die Türen aufstößt zu mehr Diskriminierung – und einer Hetze Vorschub leistet, von der Rechtsextreme leben. 

Studien zufolge werden etwa zwei Prozent der Deutschen kriminell und vier Prozent der Ausländer. Sind Ausländer also grundsätzlich krimineller als Deutsche? Nein. Viele Kriminologen sind sich in dieser Frage erstaunlich einig: Kriminalität ist keine Frage der Nationalität, sondern eine soziale.

Keine neuen Erkenntnisse. Nur mehr Vorurteile

Wer Kriminalität bekämpfen will, muss die Ursachen erforschen. Junge Männer neigen besonders zu Kriminalität, und der Anteil junger Männer unter Ausländern ist höher als unter Deutschen. Auch Menschen, die keine Perspektive haben, laufen eher Gefahr, kriminell zu werden. Arbeit, Wohnung, Freunde: All das sind sehr gute Voraussetzungen, um zum braven Staatsbürger zu werden. 

Eine Gesellschaft, die Kriminalität bekämpfen will, kann kein Interesse an Diskriminierung haben. Und die fängt bei der Nennung der Nationalität von Verdächtigen an. Mehr Transparenz schafft in diesem Fall keine neuen Erkenntnisse. Sondern nur: mehr Vorurteile.