Weil ein Fünfjähriger angeblich in den Sachen ihres Sohnes wühlte, beleidigte eine Amerikanerin das Kind rassistisch. Finanziell lohnt sich das für sie – zum Entsetzen vieler.
Für manche ist es Ausdruck einer verkehrten Welt. Andere werten es als Ausblick darauf, was in den USA unter Präsident Donald Trump zur Normalität werden könnte: offen ausgelebter Rassismus. Es geht um ein Video, das seit einigen Tagen im Netz kursiert, viral ging und nun empörte Reaktionen auslöst – jedoch nicht bei allen Zuschauern.
Im Mittelpunkt der auf einem Spielplatz gefilmten Aufnahme steht eine junge Frau aus Rochester im US-Bundesstaat Minnesota. Shiloh H. heiß die Frau, die im Video ihren kleinen Sohn im Arm hält und von einem Mann damit konfrontiert wird, ob sie eben wirklich einen Fünfjährigen mit dem N-Wort beschimpft habe. „Das ist nicht Ihr Problem“, weicht H. zunächst aus, um den Mann dann ebenfalls rassistisch zu beleidigen und den Mittelfinger zu zeigen. Mindestens zweimal fällt das N-Wort.
Sharmake O., der die Szene filmt, bleibt unbeeindruckt. Nochmals hakt der 30-Jährige mit somalischen Wurzeln nach, ob H. den Jungen mit dem N-Wort bezeichnet habe. „Ja, wenn er sich wie einer verhält, wird er auch so genannt“, entfährt es H. Das Kind habe in den Sachen ihres Sohns gewühlt, behauptet sie. Als O. entgegnet, dass dies Hassrede sei, antwortet H.: „Ich gebe einen Scheiß darauf, was Sie denken.“
Rassismus: Frau sieht sich als Opfer – und wird auch noch belohnt
Es ist diese Uneinsichtigkeit, die viele Menschen nun wütend macht. Zumal Shiloh H. aus ihrem rassistischen Ausfall Profit schlägt. Im Internet hat sie eine Spendenaktion für sich und ihre Familie gestartet. Im zugehörigen Anzeigentext sieht sich die zweifache Mutter als Opfer.
Sie befinde sich in einer „äußerst schwierigen Situation“, schreibt H. Persönliche Daten von ihr seien im Netz gelandet, darunter Adresse und Telefonnummer, behauptet sie und berichtet von angeblichen Bedrohungen. „Ich fürchte, wir müssen umziehen.“
Eine an das Kind vom Spielplatz gerichtete Entschuldigung sucht man in H.s Text indes vergeblich – zur Freude tausender Menschen, die sich in ihrem rassistischen Weltbild offensichtlich bestätigt sehen. „Es ist kein Verbrechen, Menschen als das zu bezeichnen, was sie sind“, schreibt ein Spender. „Wir müssen die Existenz unseres Volkes und die Zukunft der weißen Kinder sichern“, ein anderer. Fleißig überweisen Tausende seither Geld an Shiloh H. Allein bis Sonntagnachmittag kamen so rund 600.000 Dollar zusammen. Dass H. die angestrebte Spendensumme nachträglich von zunächst 100.000 Dollar auf nun eine Million Dollar anhob und die „Hilfsbereitschaft“ womöglich einfach nur ausnutzt – es scheint den Spendenwilligen völlig egal zu sein.
Bürgerrechtler: „Einfach abscheulich und völlig inakzeptabel“
Für Walé Elegbede, Präsident des örtlichen Ablegers der für Schwarze kämpfenden Bürgerrechtsorganisation NAACP (National Association for the Advancement of Colored People), ist das nur schwer zu ertragen. „Jetzt sammelt sie dafür Spenden, und das ist einfach abscheulich und völlig inakzeptabel“, zitiert „The Minnesota Star Tribune“ Elegbede. „Sie muss sich für all ihre Taten rechtlichen Konsequenzen stellen. Das ist eine Schande.“
Gegenüber dem TV-Sender NBC News bestätigte die Polizei von Rochester, von dem Video zu wissen und mehrere Hinweise aus der Bevölkerung erhalten zu haben. Man sammle Informationen und gehe der Angelegenheit nach, wird die Behörde zitiert. Ob Shiloh H. rechtliche Konsequenzen spüren wird, ist eher fraglich. Das N-Wort „nur“ zu verwenden, ist in Minnesota per se nicht verboten.
Spendenaktion für beschimpftes Kind voller Erfolg
Die NAACP Rochester kümmert sich nun um die Familie des Kindes. Unter anderem startete die Organisation eine Spendenaktion, deren Erlös der Rechtsberatung und Interessenvertretung des Jungen zugutekommen soll. Das Ziel von 250.000 Dollar wurde bereits erreicht – und übertroffen. Etwas mehr als 340.000 Dollar gingen ein, inzwischen wurde die Crowdfounding-Kampagne beendet.
In einem Update bedankt sich die Organisation für Hilfsbereitschaft vieler Menschen. „Kein Kind sollte jemals entmenschlicht werden, und Liebe muss immer lauter sein als Hass. Menschen aus dem ganzen Land und der ganzen Welt reagierten und sendeten eine klare Botschaft: Dieses Kind, diese Familie und dieser Moment sind wichtig“, heißt es darin.
Quellen:NBC News / „The Minnesota Star Tribune“ / Statement NAACP / Gofundme-Kampagne / X.com / Instagram