Geht er? Bleibt er? Robert Habeck gibt Rätsel auf: Unser Kolumnist ist kein Fan. Und doch würde ihm etwas fehlen, wenn der Grüne wirklich Schluss macht mit der Politik
Über Robert Habeck konnte man in den vergangenen Tagen Zweierlei lesen: Der Spiegel meldete, der Grünen-Politiker wolle sein Bundestagsmandat im Sommer aufgeben. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Britta Haßelmann, sagte, das sei so nicht besprochen, Habeck werde sich im Auswärtigen Ausschuss des Parlaments um die deutsch-amerikanischen Beziehungen kümmern. Er selbst sagte nichts. Man weiß also nicht, woran man ist mit Robert Habeck. Ich muss zugeben: So ging es mir immer mal wieder mit ihm.
Ich habe Habeck das erste Mal getroffen, als er vor vielen Jahren zu einem Hintergrundgespräch nach Berlin kam. Damals war er noch Landwirtschaftsminister in Schleswig-Holstein, galt aber schon als kommender Mann bei den Grünen. Mein Eindruck war, dass ihn die Fragen der Berliner Journalisten langweilten – zu viel Hauptstadtblase, zu wenig Leben. Aber mir erschloss sich nicht, ob das wirklich ernst gemeint war oder nur Attitüde. Er fremdelte mit uns, ich fremdelte mit ihm. Letzteres ist so geblieben.
Robert Habeck hat manchmal etwas Weinerliches
Habeck hat Courage, ging über Jahre keiner Debatte aus dem Weg, auch nicht mit aufgebrachten Menschen, die um Arbeit und Existenz bangten. Vielleicht gerade deshalb war ich erstaunt, ihn immer mal wieder auch überempfindlich, ja wehleidig zu erleben. Das ging los mit einem Interview, nachdem er Annalena Baerbock die Kanzlerkandidatur überlassen musste, und wiederholte sich, als er nach dem Urteil des Verfassungsgerichts, das der Ampel finanzpolitisch den Boden entzog, die Opposition dafür beschimpfte, überhaupt geklagt zu haben. Habeck hat manchmal etwas Weinerliches.
Am meisten imponiert hat er mir in den Monaten nach dem russischen Überfall auf die Ukraine. Olaf Scholz hielt damals eine Rede zur „Zeitenwende“, ehe er wieder mehr oder weniger verstummte. Habeck hingegen verstetigte die Kommunikation, fand eine klare und verständliche Sprache, aber auch den Mut, Zweifel zuzulassen und Schwieriges schwierig zu nennen. Er traf den Ton einer Zeit der Verunsicherung. Der Vizekanzler wurde der Zweitkanzler. Nie war Habeck mehr Kanzler als da.
Habeck ist ein ungewöhnlicher Politiker, von vielen geschätzt, von manchen verehrt, von vielen geschmäht, von manchen gehasst. Habeck musste Anfeindungen ertragen, von denen die Bedrohung durch aufgebrachte Bauern an einem Fähranleger in Schleswig-Holstein nur die bekannteste war. Aber nach der Bundestagswahl initiierten Anhänger auch eine Unterschriftenaktion, in der sich weit mehr als 400.000 Unterzeichner für seinen Verbleib in der Politik aussprachen. Ich finde, er war mehr Versprechen als Erfüllung. Aber er bewegt, das muss man ihm lassen.
Als Wirtschaftsminister hat er dazu beigetragen, dass Deutschland die Folgen des Ukraine-Krieges überstand, aber er hat sich auch dumme Fehler geleistet. Und damit meine ich nicht das berühmte Heizungsgesetz, das doch nur ein Instrument, um nicht zu sagen: eine Waffe derer war, die ihm den Erfolg neideten. Für manchen politischen Weggefährten war Habeck eine Reizfigur, am meisten für Markus Söder, der gar nicht merkte, dass er sich mit der Art, wie er sich über den Konkurrenten lustig machte, nur selbst entblödete.
Noch ist offen, wie es wirklich mit Habeck weitergeht. Mir ist es im Moment egal. Aber wahrscheinlich gehört Habeck zu den Politikern, von denen man erst weiß, was man an ihnen hatte, wenn sie weg sind.