Ein 14-Jähriger klettert in Guntersblum auf einen abgestellten Güterzug – und stirbt an einem Stromschlag. Was macht Bahnstrom so gefährlich?
Auf einen Zug aufspringen oder auf einen geparkten Bahnwagon klettern – das sei immer lebensgefährlich, warnt die Bundespolizei wenige Tage nach dem tödlichen Unfall im Landkreis Mainz-Bingen. Denn dort oben kommen Abenteuerlustige gefährlich nahe an die Oberleitung, durch die 15.000 Volt fließen. „Das ist das 65-Fache einer Steckdose zu Hause“, sagte ein Sprecher der Bundespolizeiinspektion in Kaiserslautern. „Auch, wenn ich die Oberleitung nicht berühre: Ab 1,5 Metern besteht die Gefahr eines Stromüberschlags.“
Denn der Strom sei in der Lage, die Luft zwischen Leitung und Mensch zu überbrücken. Dann fließe der Strom durch den Körper, der schließlich zum Großteil aus Wasser bestehe. Die Folge können erhebliche Verletzungen sein. „Deswegen hängen die Oberleitungen ja auch so hoch“, so der Sprecher. Vom Dach eines Zugwagons seien die Stromleitungen dann aber doch deutlich weniger weit weg als erwartet.
Immer wieder Tote und Verletzte
Am vergangenen Samstag hatte ein 14-Jähriger in der Gemeinde Guntersblum einen tödlichen Stromschlag erlitten, nachdem er auf einen abgestellten Güterzug geklettert war. Er sei wohl aus Versehen an die Oberleitung gekommen, hieß es seitens der Polizei.
Bundesweit gibt es immer wieder ähnliche Fälle. So ereigneten sich 14 Unfälle allein zwischen Januar und Oktober des vergangenen Jahres – vier davon endeten tödlich. Die Betroffenen seien nicht nur Jugendliche, sondern auch Kinder und Erwachsene.
Lebensgefahr – nicht nur durch den Strom
Hinzu zum Klettern kommt manchmal das sogenannte Bahn-Surfen, also das unberechtigte oder waghalsige Mitfahren auf oder an Zügen. Vor anderthalb Wochen hat sich damit am Bahnhof in Wittlich ein 14-Jähriger in Gefahr gebracht: Er sprang auf einen Güterzug auf und kurz danach wieder ab – wohl wegen einer Wette.
Der Strom ist aber nicht die einzige Gefahr: Beim Hochklettern kann man abstürzen, womöglich mitten auf die Gleise. Auch ein Fuß kann beispielsweise schnell eingequetscht werden. Und wenn man es dann nach oben geschafft hat? „Unter Umständen fährt ein Zug vorbei“, sagte der Sprecher. „Dann entsteht eine Sogwirkung, die mich vielleicht mitzieht.“
Bundespolizei setzt auf Aufklärung
Er sei davon überzeugt: Wüssten die Menschen von der Gefahr, auf die sie sich mit solchen Aktionen einlassen, würden sie es nicht tun. Das Problem: „Viele Gefahren im Bahnverkehr sind nicht sichtbar“, warnte der Sprecher. „Den Strom sehe ich nicht. Den Zug, der um die Ecke kommt, den höre ich nicht.“ Dass so ein kurzes Abenteuer, eine spontane Wette oder ein Spiel unter Kindern mit dem Tod enden können, unterschätzen demnach aber viele. Deshalb versuche die Bundespolizei, Aufklärung zu betreiben – zum Beispiel in Schulen oder im Internet, aber auch direkt am Bahnsteig.