Die Vorwürfe wiegen schwer: Sind Häftlinge in einem bayerischen Gefängnis misshandelt worden? Forderungen nach Aufklärung werden laut: „Jedes Blatt muss umgedreht werden.“
Nach Vorwürfen der Häftlingsmisshandlungen in der Justizvollzugsanstalt Augsburg-Gablingen werden Forderungen nach Konsequenzen laut. Toni Schuberl, Sprecher für Recht der Grünen-Fraktion im Landtag, sprach sich dafür aus, die Kontrollmechanismen besser zu prüfen. Die SPD verlangte „schonungslose Aufklärung“.
„Jedes Blatt muss umgedreht werden, um diese völlig inakzeptablen und eines Rechtsstaats unwürdigen Vorfälle schonungslos aufzuklären – und vor allem auch abzustellen“, sagte der rechtspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Horst Arnold.
Vorwurf: Körperverletzung im Amt
Am Wochenende war bekanntgeworden, dass wegen gravierender Vorwürfe möglicher Häftlingsmisshandlung gegen mehrere Bedienstete der JVA Augsburg-Gablingen ermittelt wird. Dabei geht es um den Anfangsverdacht der Körperverletzung im Amt.
Zu den Beschuldigten gehört auch die stellvertretende Leiterin des Gefängnisses, die die Vorwürfe über ihre Anwälte entschieden zurückwies. „Die Verteidigung der stellvertretenden Anstaltsleiterin der Justizvollzugsanstalt Augsburg-Gablingen nimmt die gegen ihre Mandantin erhobenen Vorwürfe bezüglich der Unterbringung von Häftlingen in „besonders gesicherten Hafträumen“ (bgH) sehr ernst und weist diese entschieden zurück“, heißt es in einer Mitteilung der Anwälte Holm Putzke und Alexander Stevens.
Anwälte sehen keine Grundlage für die Anschuldigungen
„Die Anschuldigungen, wonach Inhaftierte durch die Umstände der Unterbringung unter menschenunwürdigen Bedingungen behandelt worden seien, entbehren auf Basis der vorliegenden Informationen jeglicher Grundlage.“ Ihre Mandantin sehe es „als ihre oberste Pflicht an, für die Sicherheit sowohl der Inhaftierten als auch der Bediensteten zu sorgen und dabei selbstverständlich stets rechtskonform zu handeln“.
Die Anwälte schreiben, dass sie „neben einer objektiven Aufklärung“ von den Behörden auch erwarten, dass „alle im Justizvollzug tätigen Mitarbeiter gegen unberechtigte Vorwürfe in Schutz genommen werden und der Freistaat Bayern damit seiner Fürsorgepflicht gerecht wird“. Die stellvertretende Gefängnisleiterin werde „die vollständige Aufklärung der Sachverhalte unterstützen“.
Laut den nun bekanntgewordenen Vorwürfen sollen einzelne Gefangene möglicherweise unbekleidet in einen „besonders gesicherten Haftraum ohne gefährdende Gegenstände“ untergebracht worden sein, ohne dass Voraussetzungen für diese Maßnahme vorlagen, wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft mitteilte.
Anzeige erstattet hat laut dem Bayerischen Rundfunk unter anderem eine Augsburger Rechtsanwältin. Die Juristin berichtete über die Erfahrungen eines ihrer Mandanten in der JVA: „Loch im Boden, wo er seine Geschäfte verrichten muss“, sagte die Verteidigerin im BR. „Keine Matratze, splitterfasernackt am Boden.“ Auch eine zeitweilig in dem Gefängnis tätige Ärztin sprach mit dem Sender und berichtete, sie habe in dem besonders gesicherten Haftraum 80 Prozent der Häftlinge ohne Unterhose, ohne Matratze und ohne Decke erlebt.
Zudem geht die Anklagebehörde Vorwürfen nach, wonach es zu tätlichen Übergriffen einzelner Beschäftigter auf Gefangene gekommen sein soll. Justizminister Georg Eisenreich will die Vorwürfe rückhaltlos aufklären lassen, wie der CSU-Politiker ankündigte.
SPD: „Das Innere eines Gefängnisses darf kein rechtsfreier Raum sein“
Und das ist aus Sicht der Opposition auch dringend nötig: „Wir erwarten, dass der Justizminister dem Landtag unverzüglich über die Vorfälle in der Justizvollzugsanstalt Augsburg-Gablingen und über die Lage in anderen bayerischen JVAs berichtet“, sagte Schuberl. Die Landtags-Grünen wollten einen entsprechenden Antrag demnächst in den Justizausschuss einbringen.
Ähnliche Vorwürfe habe es bereits an der JVA Kaisheim gegeben, teilten die Grünen mit. „Das nährt den Verdacht, dass es sich nicht um einen Einzelfall handelt.“ Sie kritisierten, dass es „kein staatliches Register gibt, das Problemsituationen in den Gefängnissen dokumentiert“. Auch die SPD kündigte einen Antrag an. Die Staatsregierung müsse „möglichst schnell schriftlich wie mündlich Rede und Antwort stehen“. „Das Innere eines Gefängnisses darf kein rechtsfreier Raum sein“, betonte Arnold. „Rechtsstaat bedeutet auch: Schutz vor Übergriffen des Staates. Davon sind inhaftierte Straftäter nicht ausgenommen.“