Diese „Tatort“-Wiederholung verschränkt Krimi und Gesellschaftsdrama miteinander: Ein Ehemann und ein Sohn sind verschwunden – und für die Dorfbewohner steht die Schuldige fest.
Worum geht’s in diesem „Tatort“?
Sandra Vogt (Lisa Hagmeister) lebt seit 20 Jahren im Breisgau. Hat dort geheiratet und zwei Kinder gekriegt. Doch für die meisten ist sie eine Außenseiterin geblieben. „Man kann ihr kei Vorwurf mache, sie isch halt nicht von hier“ ist ein typischer Satz, wenn es um die Frau geht. Als ihr Ehemann und ihr jüngster Sohn verschwinden, halten nicht wenige Sandra für die Schuldige. Auch der Polizei ist sie verdächtig: Sie hat eine Affäre, kein Alibi – und verweigert die Zusammenarbeit mit den Ermittlern. Ein klarer Fall, oder?Ist der Tatort zu links? 06.20
Warum lohnt sich der Fall „Die Blicke der Anderen „?
Dieser „Tatort“ geht weit über einen Krimi hinaus. Er erzählt am Beispiel der Zugezogenen Sandra Vogt, wie sehr die Wahrnehmung von Menschen auf Vorurteilen beruht. Und wie schwer es Außenseiter noch immer in dieser Gesellschaft haben – dem aktuellen Hype um Vielfalt und Diversity zum Trotz. Drehbuchautor Bernd Lange hat sich bereits bei seinen mit dem Regisseur Hans-Christian Schmid entstandenen Filmen („Requiem“, „Was bleibt“) und einer Serie („Das Verschwinden“) als präziser Beobachter der Gesellschaft erwiesen. Hier legt er sein Augenmerk darauf, wie Sandra von ihren Mitmenschen gesehen wird , die in ihr immer nur den Eindringling und Störenfried sehen. Selbst die Ermittler übernehmen irgendwann diese Sichtweise. Schauspielerin Lisa Hagmeister gelingt die überzeugende Darstellung einer Frau, die von ihrer Umwelt nicht akzeptiert wird, und die doch versucht, gegen alle Widerstände ihren Weg zu gehen und ihr Stückchen Glück zu finden.
Was stört?
Man muss nicht zwanghaft ein Haar in der Suppe suchen: An dieser Folge gibt es wenig auszusetzen.
Die Kommissare?
Der starken Geschichte sei Dank: Die beiden Ermittler Friedemann Berg (Hans-Jochen Wagner) und Franziska Tobler (Eva Löbau) tun einfach nur das, was ihr Beruf ist: Sie ermitteln konzentriert. Für private Mätzchen, die der One-Night-Stand der beiden Kollegen in einer früheren Folge ausgelöst hat, ist hier kein Platz. Das ist wohltuend.
Ein- oder ausschalten?
Einen selten guter „Tatort“, der sich auch in der Wiederholung lohnt. Schalten Sie unbedingt ein.
Der „Tatort: Die Blicke der Anderen“ wurde erstmals am 6. November 2022 ausgestrahlt. Die ARD wiederholt den Film am Freitag, 13. Dezember, um 22.20 Uhr
Diese Fälle kamen zuletzt aus Freiburg:
Tobler und Berg wühlen in der Vergangenheit„Buddenbrooks“ im Breisgau: Tobler, Berg und die Last des ErbensAngriff in den Weinbergen – dieser Krimi ist spannend bis zum Schluss Brutale Beziehungen und nackte Kommissare: Dieser „Tatort“ sorgt für Verwirrung