Umweltschutz: Ranger – als Regelwächter im Naturschutzgebiet

12 Rangerinnen und Ranger klären Besucher in Naturschutzgebieten in Schleswig-Holstein über die Tier- und Pflanzenwelt auf, weisen aber auch auf Fehlverhalten hin. Wie ihr Alltag aussieht.

Ein frischer Wind weht an diesem Augustmorgen über die Küste bei Behrensdorf. Die Ostseewellen zeigen kleine Schaumkronen, eine Schar von Graugänsen fliegt über den Binnensee gleich hinter den Dünen. Jan Fallaschinski (38), in kurzer Hose, grauem Sweatshirt und mit Schirmmütze, hat sein Fernglas immer griffbereit.

Der Ranger macht seine Morgenrunde im Naturschutzgebiet „Kleiner Binnensee und angrenzende Salzwiesen“, eine 255 Hektar große Fläche an der Hohwachter Bucht und Heimat zahlreicher Tier- und Pflanzenarten. Sie liegt an einer Hauptroute für Zugvögel an der Ostsee. Sandregenpfeifer und Zwergseeschwalben leben hier, Seeadler und Gänse, aber auch Eidechsen und Kröten. Viele Spaziergänger und Radfahrer suchen Erholung in dieser Naturidylle. Der Ostseeküstenradweg führt hier entlang.

Ranger sollen Besucher vor Ort über die Schutzgebiete und die geltenden Regeln informieren und über häufig unbeabsichtigt verursachte Störungen und ihre Folgen aufklären, so lautet ihre Aufgabenbeschreibung. Zwei Radfahrer kommen vorbei, neben ihnen ihre freilaufenden Hunde. „Nehmen sie die Hunde bitte an die Leine. Hier ist Naturschutzgebiet“, ruft Jan Fallaschinski den Männern hinterher. Sie antworten nicht. Ob sie sich an die Aufforderung halten? Ungewiss. 

Bei der Ansprache ist Fingerspitzengefühl gefragt

„Als Ranger führen wir viele nette Gespräche mit Menschen, die uns begegnen“, sagt Fallaschinski. „Wir müssen manche aber auch darauf aufmerksam machen, was sie in Naturschutzgebieten nicht dürfen“ – etwa Pilze sammeln, in den Dünen zelten, ein Lagerfeuer machen – oder Hunde laufen lassen, weil diese den Brutvögeln gefährlich werden können. Bei der Ansprache sei Fingerspitzengefühl gefragt, sagt der Ranger.

„Wir sind jeden Tag in den Naturschutzgebieten unterwegs, zu unterschiedlichen Zeiten. Man soll nicht wissen, wann genau wir kommen“, erklärt der Ranger. Er und seine beiden Kollegen in Eutin sind zuständig für Gebiete im südöstlichen Schleswig-Holstein. „Wir haben aber keine ordnungsrechtlichen Befugnisse, können keine Knöllchen verteilen. Wenn wir grobe Verstöße beobachten, melden wir das der zuständigen Unteren Naturschutzbehörde.“ Mit dem Naturschutzbund (Nabu) gebe es eine sehr gut funktionierende Zusammenarbeit.

Seit November 2023 setzt das Land Schleswig-Holstein Rangerinnen und Ranger ein. Zurzeit arbeiten elf von ihnen – vier Frauen und sieben Männer – in vier Schwerpunktzonen mit insgesamt 64 Naturschutz- und FFH-Gebieten. Eine Stelle wird gerade nachbesetzt. „Ihre Arbeit ist wichtig, um der Natur eine Stimme zu verleihen und die Schutzgebiete als Rückzugs- und Ruhezonen für die dort lebenden Arten zu erhalten“, sagt Nina Furchheim, die Koordinatorin vom Landesamt für Umwelt, bei dem die Ranger angestellt sind. Ihre Arbeit sei Teil der Biodiversitätsstrategie des Landes. 

Die meisten Menschen zeigen sich einsichtig

Die Schutzgebiete seien oft die letzten Rückzugsgebiete vieler heimischer Arten. Gleichzeitig seien sie oft Freizeit- und Erholungsgebiete für die Bürgerinnen und Bürger. In diesem Spannungsfeld setze das Konzept an, sagt Nina Furchheim. Die Erfahrungen zeigten, dass 94 Prozent der Menschen einsichtig seien und ihr Verhalten ändern, wenn sie auf Störungen angesprochen werden. Seit neuestem bieten die Ranger auch Umweltbildung für Schulklassen an. 

Bei der Einführung des Rangersystems durch die schwarz-grüne Landesregierung übte die Opposition scharfe Kritik. Das Land brauche keine „kostspielige Wald- und Wiesenpolizei“, hatte der FDP-Abgeordnete Oliver Kumbartzky im Herbst 2022 im Landtag erklärt. 

Heute kommt auch Lob aus der Opposition. Rangerinnen und Ranger leisteten einen entscheidenden Beitrag für den Natur- und Landschaftsschutz, sagt die umweltpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Sandra Redmann. „In einer Zeit, in der der Schutz unserer natürlichen Ressourcen immer dringlicher wird, sind sie unverzichtbar und helfen, den Schutz unserer Gebiete verständlich und nachvollziehbar zu gestalten“, erklärt sie. 

„Viele Besucher sind naturbegeistert und sehr interessiert“

Jan Fallaschinski freut sich über die guten Gespräche mit Menschen, die er auf seinem Rundgang trifft. „Viele sind selbst naturbegeistert und sehr interessiert“, sagt er. So wie die Touristin aus Nordrhein-Westfalen, mit der er an diesem Morgen über die Sichtung verschiedener Vogelarten plaudert. Oder die Hundebesitzerin aus dem Nachbarort, die ihren Vierbeiner vorschriftsmäßig an der Leine führt.

Früher war der 38-Jährige unter anderem Hafenschiffer in Hamburg. Ranger zu werden sei sein Ziel gewesen, darauf habe er hingearbeitet. Er hat eine einjährige Weiterbildung zum geprüften Natur- und Landschaftspfleger absolviert, zuvor hatte er vier Jahre in einer Wildtierauffangstation gearbeitet, ein weiteres Jahr im praktischen Naturschutz in der Döberitzer Heide im Havelland.

„Für diesen Beruf sollte man schon grüne Vorkenntnisse haben“, sagt er, „und man sollte keine Angst davor haben, Menschen anzusprechen.“ Er sieht bereits Erfolge: „Nach den eineinhalb Jahren, in denen wir Ranger unterwegs sind, ist für mich ein Lerneffekt bei vielen Menschen erkennbar.“

Auf der Aussichtsplattform greift Jan Fallaschinski wieder zum Fernglas und entdeckt am ferneren Ufer des Binnensees drei junge Seeadler – ein ganz besonderer Moment. „Draußen in der Natur zu sein, das ist für mich ein Traumjob“, sagt er.