Vor fünf Jahren beschlossen der damalige Berliner Senat und das Abgeordnetenhaus ein Gesetz, das Diskriminierungen durch Behörden entgegenwirken soll. Nun liegen Zahlen vor.
Seit Gültigkeit des Berliner Antidiskriminierungsgesetzes ist etwa eine Beschwerde pro Tag zu einem entsprechenden Thema eingegangen. Insgesamt waren es 1.785 Diskriminierungs-Beschwerden bei der zuständigen Ombudsstelle, die im September 2020 ihre Arbeit aufnahm, teilte die Senatssozialverwaltung mit. Das Gesetz trat vor genau fünf Jahren am 21. Juni 2020 in Kraft. Zu den Beschwerden kamen noch mehr als 2.000 Beratungsanfragen dazu.
Der häufigste Grund für Beschwerden war demnach eine echte oder gefühlte rassistische Diskriminierung. Für das Jahr 2024 wurden hier 162 Fälle registriert. Danach folgten Diskriminierungen wegen einer Behinderung oder chronischen Erkrankung (2024: 114) und wegen des Geschlechts, geschlechtlicher Identität und der sexuellen Identität (2024: 56). Zunehmend würden Diskriminierungen wegen des sozialen Status gemeldet (2024: 43), hieß es. Weitere Beschwerden betrafen Alter, Sprache und Religion.
Die meisten Beschwerden richteten sich gegen Bezirksämter
Die meisten Beschwerden im gesamten Zeitraum der fünf Jahre richteten sich gegen Bezirksämter (382), Schulen und Kitas (210) sowie Universitäten und Hochschulen (85). Wegen der Polizei gingen 191 Beschwerden ein. Aber auch die Verkehrsbetriebe BVG, die Gefängnisse und die Senatsverwaltungen wurden kritisiert.
Die Leiterin der Ombudsstelle, Doris Liebscher, betonte: „Wir erleben Diskriminierung in allen Bereichen und Facetten.“ Das gelte für Polizei- oder Fahrkartenkontrollen, soziale Stigmatisierungen und fehlende Schulen für tausende Kinder mit Behinderungen. Viele Erfolge seien für Betroffene erzielt worden, vom Blumenstrauß oder Entschädigungszahlungen bis zu Änderungen von Formularen und Schlichtungen im Einzelfall.
Die Senatsverwaltung stellte fest, eine Unterscheidung nach berechtigter oder unberechtigter Beschwerde werde nicht vorgenommen. Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) erklärte, das Gesetz beinhalte zwar einen Entschädigungsanspruch, der gerichtlich durchsetzbar sei. „Im Unterschied zur freien Wirtschaft gibt es in der Berliner Verwaltung einen stärkeren Widerwillen, Fehler einzugestehen und daraus positiv zu lernen. Wir brauchen eine Verwaltung, die sich sehr viel stärker an den Belangen der Menschen ausrichtet, die eine positive Fehlerkultur hat und bereit ist, zu lernen.“
Oben ohne auf dem Wasserspielplatz
Für Aufsehen hatte nach Verabschiedung des Gesetzes ein Fall gesorgt, bei dem sich eine Frau diskriminiert gefühlt hatte. Sie hatte im Juni 2021 einen Wasserspielplatz besucht und oben ohne auf einer Decke gesessen. Nachdem ein Mann sich beschwert hatte, forderten Wachleute sie auf, ihre Brüste zu bedecken oder den Platz zu verlassen. Als sie sich weigerte, wurden Polizisten hinzugerufen. Schließlich ging die Frau. Anschließend beschwerte sie sich bei der Antidiskriminierungsstelle.
Im folgenden Rechtsstreit sprach das Kammergericht ihr eine Entschädigung von 750 Euro zu. Zuvor hatte das Land Berlin einen Entschädigungsanspruch wegen Diskriminierung anerkannt. Die Klägerin hatte wenigstens 10.000 Euro vom Land Berlin verlangt. In Schwimmbädern gilt in Berlin inzwischen laut Badeordnung, dass die Badebekleidung die primären Geschlechtsorgane bedecken muss – die Brüste also nicht.