Auf etlichen Berliner Hauptstraßen gilt Tempo 30. Das könnte sich bald ändern. Daran gibt es laute Kritik. Die Deutsche Umwelthilfe will rechtliche Schritte prüfen.
An zahlreichen Berliner Hauptstraßen soll bald wieder Tempo 50 erlaubt sein. Bisher ist aus Luftreinhaltegründen an 41 Hauptverkehrsstraßen Tempo 30 vorgeschrieben. Allerdings hat sich die Luftqualität in den vergangenen Jahren zum Teil deutlich verbessert, wie Verkehrssenatorin Ute Bonde (CDU) nach der jüngsten Senatssitzung sagte. Auf 25 Straßen könnte das Tempolimit daher aufgehoben werden.
Dagegen gibt es allerdings deutlichen Protest. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kritisierte das Vorgehen des schwarz-roten Senats und kündigte an, rechtliche Schritte zu prüfen. „Verkehrssenatorin Bonde will Berlin in die Vergangenheit zurückkatapultieren und die autogerechte Stadt zementieren“, sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch.
„Mit Tempo 50 wird die Luft wieder schlechter, der Autolärm schlimmer und der Straßenverkehr unsicherer.“ Das sei ein Schlag ins Gesicht aller Menschen, die zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs seien. „Wir werden rechtliche Schritte prüfen, um die Tempo-30-Strecken und damit potenziell Menschenleben zu retten.“
An sieben Hauptstraßen sind die Luftwerte weiter schlecht
An sieben der betreffenden Straßen sind die Schadstoffwerte weiterhin so hoch, dass das Tempolimit bestehen bleibt. Bei neun weiteren bleibt es aus Verkehrssicherheitsgründen – etwa vor Kitas oder Altenheimen, wie Bonde erklärte.
Bei den noch übrigen 25 soll zunächst geprüft werden, ob aus Gründen der Schulwegsicherheit für bestimmte Abschnitte Tempo 30 geboten ist. Das ist nach einer Novellierung der Straßenverkehrsordnung für „hochfrequentierte Schulwege“ inzwischen vorgeschrieben, wie Bonde betonte.
SPD kritisiert den Koalitionspartner
Kritik an der Aufhebung von Tempo-30-Zonen kommt auch aus der SPD-Fraktion. Deren verkehrspolitischer Sprecher, Tino Schopf, warnte, es dürfe nicht aus einer Laune heraus der Rotstift an der Verkehrssicherheit angesetzt werden. Die Prüfungen zu Geschwindigkeitsbegrenzungen aus Verkehrssicherheitsgründen oder mit Blick auf sichere Schulwege seien zwingend erforderlich.
Schopf wies darauf hin, dass CDU-Fraktionschef Dirk Stettner bereits pauschal gefordert habe, auf zwei Dutzend Hauptstraßen wieder Tempo 50 anzuordnen. Kritiker sehen darin den Versuch der CDU, bei Autofahrern Punkte zu machen. Bonde sagte dazu, sie habe keinen Druck vonseiten der CDU gespürt.
Die Verkehrsexpertinnen der Grünen-Fraktion Oda Hassepaß und Antje Kapek forderten Eltern auf, sich bei der Verkehrsverwaltung für Tempo 30 auf Schulwegen und vor Schulen einzusetzen. „Denn klar ist: Verkehrsberuhigung rettet Leben, besonders das unserer Kinder“, so die Grünen-Abgeordneten. „Nur in Berlin blockiert die CDU jeden Fortschritt und hält stur an ihrer Auspuffpolitik von gestern fest.“
Schulwegsicherheit wird noch geprüft
Nach Angaben der Verkehrssenatorin sei bisher nicht abzusehen, wann die Prüfungsergebnisse zum Thema Schulwegsicherheit vorlägen. Die Verkehrsverwaltung nehme dafür Kontakt mit Schulen, Bezirken und der Polizei auf. „Es gibt dafür noch keine Erfahrungswerte“, sagte Bonde zur Frage, was „hochfrequentierte“ Schulwege seien.
Zunächst hat der Senat Bondes Vorlage für die Fortschreibung und entsprechende Änderung des geltenden Luftreinhalteplans und des Lärmaktionsplans angenommen. Als Nächstes muss sich der Rat der Bürgermeister damit befassen, der bis Mitte Juli Zeit für Einwände und Anmerkungen aus Sicht der Bezirke hat.
Der Senat könnte am 5. August einen Beschluss über den Luftreinhalte- und den Lärmaktionsplan fällen, wie die Verkehrssenatorin in Aussicht stellte. Bis dahin bleiben die derzeitigen Tempolimits in jedem Fall bestehen. Falls die Prüfung der Schulwegsicherheit noch nicht abgeschlossen sei, sollten die Ergebnisse nachträglich berücksichtigt werden.