„Tatort“ aus Dortmund: Nicht tot und nicht lebendig: Ein Krimi über häusliche Gewalt

Bei einem Brand stirbt eine zweifache Mutter. Die Dortmunder „Tatort“-Kommissare Faber und Herzog ermittelt im privaten Umfeld des Opfers und stoßen auf weitere Straftaten.

4 von 5 PunktenBewegender Film über häusliche Gewalt, der einen hoffnungslos zurücklässt

Worum geht’s in diesem „Tatort“?

Das Dortmunder Ermittlerteam um Peter Faber (Jörg Hartmann) und Rosa Herzog (Stefanie Reinsperger) wird zu einem Brand in einem Einfamilienhaus gerufen. Eine Frau ist an einer Rauchvergiftung gestorben. Die Tote heißt Meike Gebken (Nadja Becker), ihre sechsjährige Tochter Zoe (Tesla Tekin) konnte sich retten, von ihrem Halbbruder Finn (Caspar Hoffmann) fehlt jede Spur. Eine Nachbarin gibt an, den 14-Jährigen seit Wochen nicht gesehen zu haben. Schnell wird klar, dass es sich bei dem Feuer um Brandstiftung handelt. Was den Ermittlern fehlt, ist ein Motiv. Faber und Herzog finden heraus, dass Meike Gebken von ihrem Lebensgefährten Jens Hielscher (Sebastian Zimmler) misshandelt wurde. Zuletzt lebte sie mehrere Wochen mit ihrer Tochter in einem Frauenhaus. Um mehr über Meike Gebken und ihr Schicksal zu erfahren, zieht Kommissarin Herzog als verdeckte Ermittlerin in das Frauenhaus ein.

Warum lohnt sich der Fall „Feuer“?

Im Herbst vergangenen Jahres stellten Nancy Faser, damals Bundesinnenministerin, und Lisa Paus, ehemalige Bundesfrauenministerin, ein „Lagebild zu Straftaten gegen Frauen und Mädchen“ vor. Die Zahlen sind erschreckend: Fast jeden Tag gibt es in Deutschland einen Femizid, digitale Gewalt wie etwa Cyberstalking ist um 25 Prozent gestiegen und mit 70,5 Prozent sind die meisten Opfer häuslicher Gewalt Frauen und Mädchen. Dabei handelt es sich um die offiziellen Zahlen, die Dunkelziffer dürfte wesentlich höher sein. Der „Tatort“ nimmt sich nun immerhin 90 Minuten Zeit, um den Fokus auf dieses wichtige Thema zu richten. In Rückblenden wird geschildert, was das Opfer Meike Gebken alles durchleiden musste. Im Frauenhaus kommen weitere betroffene Frauen zu Wort. Der Film zeigt eindrücklich, wie schwer es ist, der Spirale aus Demütigung, Misshandlung und Gewalt zu entkommen. Wie sehr auch Angehörige und Freunde leiden, die helfen möchten, aber vielleicht nicht immer wissen, wie. Und wie diffizil es ist, dass Täter verurteilt werden. In vielen Fällen steht Aussage gegen Aussage. „Es geht nicht um Gerechtigkeit, es geht um Beweise“, heißt es in einer Szene.

Was stört?

Der „Tatort“ aus Dortmund ist bekannt für seine horizontale Erzählweise. Die Filme bauen inhaltlich aufeinander auf, es gibt wiederkehrende Protagonisten. Der Fall „Feuer“ knüpft unmittelbar an den im März dieses Jahres ausgestrahlten Fall „Abstellgleis“ an, in dem KTU-Leiter Sebastian Haller (Tilman Strauß) ermordet wurde. Die Ereignisse beschäftigen die Kommissare noch immer, es gibt viele Anspielungen und Verweise auf die vergangene Folge sowie ein erneutes Aufeinandertreffen zwischen Kommissar Faber und seinem verhassten Ex-Kollegen Daniel Kossik (Stefan Konarske). Wer kein treuer „Tatort“-Zuschauer ist, hat da eindeutig eine Wissenslücke. Etwas unrealistisch ist die Tatsache, dass Rosa Herzog in dem Frauenhaus sofort ein Zimmer bekommt. Nicht immer gibt es ausreichend freie Plätze, der Bedarf ist vielerorts größer als das Angebot. 

Die Kommissare?

Ausgerechnet der sonst so ruppige Faber erweist sich als einfühlsam und empathisch: Gegenüber seiner Kollegin Rosa Herzog, die offensichtlich private Probleme hat, aber nicht so recht mit der Sprache herausrücken will, aber auch gegenüber den Kindern der ermordeten Meike Gebken. Einig sind sich Faber und Herzog in ihrer Abneigung gegen ihre neue Vorgesetzte Ira Klasnic (Alessija Lause). Beide nennen sie nur „Frau Dingenskirchen“ und schließen Wetten ab, wie lange sie es wohl im Polizeipräsidium aushält. Und da wäre noch Otto Pösken (Malick Bauer), der als neuer Ermittler zum Team stößt und in Rosa Herzog offensichtlich mehr sieht als nur eine Kollegin.

Ein- oder ausschalten?

Am Pfingstsonntag hat die ARD einen „Tatort“ mit Schauspielerin Ulrike Folkerts als Kommissarin Lena Odenthal wiederholt, in dem es ebenfalls um Gewalt gegen Frauen ging. Einen Tag später läuft nun dieser „Tatort“ aus Dortmund. Wen das Thema nicht zu sehr belastet, der sollte einschalten.

Das Team aus Dortmund ermittelte auch in diesen Fällen:

Fabers Erzfeind wird ermordet – was hat der Kommissar damit zu tun?Ein rätselhafter Fall zwischen Familiendrama und SpionagethrillerGlücksspiel kann tödlich sein: Der letzte Fall von Jan PawlakKommissar Faber und seine Kollegen jagen einen MessermörderDüsterer Abstieg in die Vergangenheit: Peter Faber trifft seinen VaterEin Serienmörder geht um – und Bönisch spielt den Lockvogel