Antrittsbesuch in Washington: Merz bei Trump: Warmer Empfang für den Kanzler

Treffen mit US-Präsident Trump im Oval Office sind unberechenbar. Das bekamen zuletzt mehrere ausländische Gäste zu spüren. Der neue Kanzler bekommt dagegen eine überraschend herzliche Behandlung.

Bundeskanzler Friedrich Merz hat sich bei einem Treffen mit US-Präsident Donald Trump im Weißen Haus um eine Annäherung zu dem wesentlichen Partner bemüht. „Wir haben so viele Gemeinsamkeiten in unserer Geschichte. Wir haben den Amerikanern viel zu verdanken, das werden wir nie vergessen“, sagte Merz bei einer Begegnung mit Trump im Oval Office in Washington und ging auch auf dessen deutsche Herkunft ein. Trump schmeichelte seinem Gast, bezeichnete ihn als „respektierten“ und „guten Mann“ und versprach: „Wir werden eine großartige Beziehung zu Ihrem Land haben.“

Trump gab sich bei der Begegnung betont freundlich, machte Merz Komplimente für sein gutes Englisch und klammerte mögliche strittige Themen weitgehend aus. Bei den wichtigen Themen des Treffens – etwa Ukraine und Verteidigungsausgaben – schlug er versöhnliche Töne an. 

Der Kanzler habe „eine tolle Wahl“ gewonnen, sagte der Republikaner. Merz sei „schwierig“, scherzte Trump, aber er sei ein großartiger Vertreter Deutschlands. Der sonst angriffslustige US-Präsident, der sich oft mit Provokationen oder abfälligen Kommentaren über sein Gegenüber hervortut, präsentierte sich besonders zahm. 

Bewährungsprobe für Merz

Für den CDU-Politiker war der Besuch bei Trump zum Start seiner Kanzlerschaft auch eine Bewährungsprobe. Der US-Präsident hat anderen Gästen bei Begegnungen im Oval Office in den vergangenen Monaten heftig zugesetzt. Für den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj wurde das Aufeinandertreffen dort Ende Februar zu einer tiefen Demütigung vor der Weltöffentlichkeit, die bis heute nachwirkt. Auch den südafrikanischen Präsident Cyril Ramaphosa führte Trump bei einem Treffen in seinem Amtszimmer vor und versuchte, mit einem Video seinem Vorwurf eines „Genozids“ an weißen Bauern Nachdruck zu verleihen. 

Merz kam auch deshalb mit bescheidenen Erwartungen: einander erst mal kennenlernen, ein Gespür dafür bekommen, wie das Gegenüber tickt, und im besten Fall einen Draht aufbauen zum mächtigsten Mann der Welt. 

Ein besonderes Gastgeschenk 

Dazu brachte er auch ein Gastgeschenk mit: in Gold gerahmt und ziemlich groß: die Kopie einer historischen Geburtsurkunde von Trumps Großvater Friedrich, der 1869 in Kallstadt in der Pfalz auf die Welt kam. Merz präsentierte das Mitbringsel gleich zu Beginn. „Das ist wunderschön“, entgegnete Trump. „Wir werden das aufhängen.“ 

In Kallstadt wuchs Trumps Großvater auf, bevor er 1885 in die USA ging. Er arbeitete dort unter anderem als Friseur, wurde 1892 amerikanischer Staatsbürger und nannte sich Frederick. Als er nach Kallstadt zurückkehren wollte, verweigerten ihm dies die dortigen Behörden. Er habe sich bei seiner Abreise 1885 nicht ordnungsgemäß abgemeldet, hieß es.

Merz hatte Trump bereits in ihrem ersten Telefonat nach Deutschland eingeladen. Ob der Präsident die Einladung annehmen will, verriet er nicht – zumindest nicht vor laufenden Kameras. 

Wie gut kennen sich Trump und Merz schon?

Sie sind sich erst ein Mal vor vielen Jahren flüchtig in New York begegnet. Seit dem Amtsantritt von Merz vor vier Wochen haben sie mehrfach telefoniert – zu zweit und in größerer Runde zum Ukraine-Krieg. Merz hat inzwischen die Handynummer des US-Präsidenten, tauscht sich mit ihm regelmäßig per SMS aus und spricht ihn mit Vornamen an – so heißt es von deutscher Seite.

Über das erste Telefonat zu zweit sprach Merz vor wenigen Tagen beim WDR-Europaforum überraschend offen. „Wenn man mit ihm alleine spricht, das ist halt Small Talk“, erzählte er da. „Und wichtig ist immer, dass man nicht so lange redet, sondern dass man kurz redet und ihn auch reden lässt.“ 

Die beiden unterhielten sich demnach unter anderem über den amerikanischen Papst und über die US-Metropole Chicago, für die beide ein Faible haben. Merz kennt die USA sehr gut und hat sogar mal für ein amerikanisches Unternehmen gearbeitet: die Investmentgesellschaft BlackRock. Seine Vergangenheit in der Privatwirtschaft ist etwas, das Merz mit Trump verbindet. Der Republikaner war Immobilienunternehmer, bevor er ins Weiße Haus einzig. Den Konzern, der wegen Betruges ins Visier der Justiz geriet, leiten inzwischen seine erwachsenen Söhne. 

Kritische Themen ausgeklammert

Bei der Pressebegegnung im Oval Office waren auch Vizepräsident JD Vance und Außenminister Marco Rubio an der Seite des Präsidenten – jene Regierungsmitglieder also, die zuletzt Deutschland und anderen europäischen Verbündeten die Beschneidung der Meinungsfreiheit und die Ausgrenzung von Parteien wie der AfD vorgeworfen hatten. Merz hatte vor seinem Besuch in Washington klargemacht, dass er die Kritik aus den USA für „übergriffig“ hält. Bei dem Treffen im Oval Office kam das heikle Thema nicht zur Sprache.

Merz erschien ohne Dolmetscher im Weißen Haus – eine vertrauensbildende Maßnahme. Der Kanzler hatte sich aber vorab von mehreren Staats- und Regierungschefs, die bereits bei Trump waren, Ratschläge geben lassen: etwa von Selenskyj, Ramaphosa, der italienischen Regierungschefin Giorgia Meloni, Norwegens Ministerpräsident Jonas Gahr Støre und dem finnischen Präsidenten Alexander Stubb. 

Was war das Top-Thema des Besuchs?

Die Bemühungen um ein Ende des Krieges in der Ukraine. Merz hat sich dabei unter den Europäern mit an die Spitze gesetzt, zeigte sich zuletzt aber frustriert über mangelnde Fortschritte. Trump sieht Merz bei dem Thema an seiner Seite. Genau wie er würde Merz gerne sehen, dass die Kämpfe aufhörten, sagte der Republikaner. Sie beide seien unglücklich darüber, dass sich dies aktuell nicht abzeichne. Aber an irgendeinem Punkt würde das „Blutvergießen“ ein Ende finden. Die Frage, ob er bereit sei, neue Sanktionen gegen Russland zu verhängen, ließ er einmal mehr offen. 

Trump hat noch nicht offenbart, wie er zu einem entsprechenden Gesetzentwurf aus dem Kongress steht, wo die Ungeduld ebenfalls wächst. Nach einem erneuten Telefonat mit Putin am Tag vor Merz‘ Besuch jedenfalls erklärte Trump, er sehe keine Chance auf einen sofortigen Frieden. Dafür dass er sich stets mit seinen engen Bünden zum Kremlchef brüstet und lange prahlte, er könne den Krieg innerhalb von 24 Stunden beenden, hat der Republikaner bisher nicht viel ausrichten können. 

Was wurde mit Blick auf den Nato-Gipfel besprochen?

Ein anderes wichtiges Thema zwischen Deutschland und den USA sind die Verteidigungsausgaben innerhalb der Nato. Trump hatte Deutschland in seiner ersten Amtszeit heftig für zu geringe Rüstungsinvestitionen kritisiert. Diesmal äußerte er sich wohlwollend. „Ich weiß, dass Sie jetzt mehr Geld für die Verteidigung ausgeben – und zwar ziemlich viel mehr. Das ist eine positive Sache“, sagte Trump. 

Ende Juni kommen die Staats- und Regierungschefs der Militärallianz in Den Haag zusammen und werden unter anderem über ihre Verteidigungsausgaben reden. Trump hat von den Bündnispartnern Ausgaben in Höhe von fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts gefordert. Nato-Generalsekretär Mark Rutte kreierte daraufhin eine Kompromissformel: 3,5 Prozent für das Militär und 1,5 Prozent für Infrastruktur wie Straßen oder Häfen, die für Verteidigung relevant sein können. 

Merz hat sich diesem Vorschlag angeschlossen und ist Trump damit schon sehr entgegengekommen. Ob dem Republikaner die kreative Rechnung am Ende genügt, muss sich zeigen. Auch dazu äußerte sich der Präsident bei dem Treffen mit Merz nicht.