Verbrenner ade, Elektrofahrzeuge willkommen – so lässt sich die Entwicklung in vielen Dienstwagenflotten umschreiben. Die Energieagentur sieht Firmen als Vorreiter mit Auswirkungen darüber hinaus.
Laden statt tanken: Unternehmen zwischen Westerwald und Südwestpfalz setzen zunehmend auf Elektrowagen in ihren Fuhrparks und bauen intern auf gezielte Anreize. Mittelbar kann das nach Angaben der Energieagentur Rheinland-Pfalz auch die Zahl von E-Fahrzeugen in Privathaushalten erhöhen. Kommt nun richtig Bewegung in den Umstieg?
Beim Pharmakonzern Boehringer Ingelheim beispielsweise heißt es, bis 2030 sollten drei Viertel der Firmenfahrzeuge voll elektrisch fahren. Die Flotte werde nach und nach umgestellt. Bei Neubestellungen seien vollelektrische Fahrzeuge inzwischen der Standard. An den deutschen Standorten gebe es mittlerweile mehr als 100 Ladepunkte für E- oder Hybridfahrzeuge.
Zuschüsse hängen von Antriebsart ab
Beim weltgrößten Chemiekonzern BASF mit dem Stammsitz Ludwigshafen handelt es sich bei 55 Prozent der rund 1.600 Dienstwagen um reine E-Fahrzeuge oder Hybridfahrzeuge. Es gebe einen verstärkten Trend bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zum E-Auto oder Hybridfahrzeug, teilte das Unternehmen mit. Es sei davon auszugehen, dass deren Anteil weiter steigen werde.
Innerhalb und um das Gelände in Ludwigshafen sei in Kooperation mit den Pfalzwerken eine E-Ladeinfrastruktur aufgebaut worden, die Mitarbeiter und Drittfirmen nutzen könnten. Und es gebe finanzielle Anreize für die Nutzung von E-Fahrzeugen. Die in der Dienstwagenrichtlinie geregelten Zuschüsse zu Dienstwagen hingen von der Antriebsart ab.
Es kann Geld gespart werden
Dennis Schulmeyer sieht einen klaren Anreiz für Unternehmen, auf E-Fahrzeuge und eigene Infrastruktur inklusive Stromerzeugung zu setzen. Es lasse sich schlicht eine Menge Geld sparen, sagt der Gründer und Geschäftsführer von Lade, einem Mainzer Unternehmen, das Komplettlösungen für Flotten samt Energiemanagement anbietet.
Sein Unternehmen sieht das Einsparpotenzial in Rheinland-Pfalz bei bis zu 249 Millionen Euro. Lade geht davon aus, dass es in ganz Deutschland knapp 5,7 Millionen Fahrzeuge mit gewerblichem Halter gibt. Angenommen wurde eine jährliche Fahrleistung von 22.000 Kilometern je Fahrzeug bei einem Verbrauch pro 100 Kilometer von 20 Kilowattstunden bei einem E-Fahrzeug und sieben Litern von einem Dieselfahrzeug.
Lade setzt in seiner Kalkulation Kosten von 30 Cent netto pro Kilowattstunde bei Netzstrom, 6 Cent bei eigenem PV-Strom und 68 Cent netto beim Laden an Säulen unterwegs an – im Vergleich Kosten für einen Liter Diesel von 1,38 Euro.
KI bietet Potenzial
Bei der Berechnung möglicher Ersparnisse in Rheinland-Pfalz wird zugrunde gelegt, dass auf das Bundesland knapp 4,5 Prozent der Wirtschaftsleistung ganz Deutschlands entfallen, ergo hier auch ungefähr dieser Anteil an der gesamten Flotte an Unternehmensfahrzeugen unterwegs sein dürfte.
Dem Mainzer Unternehmen zufolge dürften die Kosten bei reinen Dieselflotten pro Jahr bei etwas mehr als 536 Millionen Euro liegen. Bei der Nutzung öffentlicher Ladesäulen sei eine Ersparnis von knapp 129 Millionen drin, bei einer Kombination von öffentlichem Laden und einem PV-optimierten Laden am eigenen Standort von knapp 250 Millionen.
Optimierungspotenzial biete Künstliche Intelligenz (KI). Sie könne helfen, Strategien zu entwickeln, etwa indem Zeiten mit günstigen Preisen genutzt und Ladevorgänge an die Nutzung einzelner Wagen angepasst werden.
Nicht für alle ist der Umstieg gleich interessant
Neben Anbietern von Komplettlösungen gibt es Anbieter von KI-Systemen zur Flottenoptimierung. Für Unternehmen mit kleinem Fuhrpark wie dem Versicherer Debeka sind Komplettlösungen jedoch weniger interessant.
Die Einsparungen erschienen eher weniger relevant, hieß es auf Anfrage aus Koblenz. Die Debeka kam Ende 2024 auf eine überschaubare Flotte mit sieben Verbrenner-Pkw, drei Plug-in-Hybrid-Pkw, sechs Verbrenner-Nutzfahrzeugen sowie drei rein elektrischen Nutzfahrzeugen.
Zweitmarkt entsteht
Insgesamt aber sind Unternehmen Treiber der Entwicklung hin zu E-Mobilität, sagt Peter Götting, Projektleiter Lotsenstelle für alternative Antriebe bei der Energieagentur Rheinland-Pfalz. Firmenfahrzeuge würden schneller ersetzt, seien in der Regel Leasingfahrzeuge.
Deutsche Hersteller hätten im Segment der E-Fahrzeuge deutlich Boden gut gemacht. Das sei für Unternehmen wichtig, sie brauchten einen schnellen Service für Flottenfahrzeuge, also Vertragshändler vor Ort. Götting sieht es ähnlich wie die Firma Lade: Wenn Firmen beim Laden von Fahrzeugen mit eigenem Photovoltaik-Strom arbeiten könnten, sei das konkurrenzlos günstig.
Auswirkungen auf den Zweitmarkt
Die Entwicklung bei Unternehmen wirke sich mit Verzögerung auf den Gesamtmarkt aus, erklärt Götting. Sie mache mehr gebrauchte E-Fahrzeuge verfügbar, ein Zweitmarkt entstehe, der dann für Privathaushalte attraktiver sei als der vergleichsweise teure Kauf eines E-Neuwagens.
Für die Entscheidung pro E-Auto sprächen inzwischen größere Reichweiten, ausgebaute Ladeinfrastruktur sowie kürzere Ladezeiten. Gebremst habe das politische Hin und Her bei der Förderung der E-Mobilität. Die Energieagentur verweist auf Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamtes. Demnach lag der Anteil rein batterieelektrisch betriebener Pkw 2024 an allen Neuzulassungen in Rheinland-Pfalz bei 21 Prozent, der von Plug-in-Hybriden bei 6 Prozent – insgesamt also 27 Prozent. Ein gewisser Weg ist also immer noch zu gehen.
Große Einsparpotenziale bei Nutzfahrzeugen
Dass Firmenflotten bedeutsam für die Elektrifizierung des Straßenverkehrs sind, schrieb auch die Förderbank KfW 2023 in ihrem Klimabarometer. Über zwei Drittel aller Pkw würden auf gewerbliche Halter neu zugelassen. Außerdem befänden sich die meisten Nutzfahrzeuge, bei denen sich große Einsparpotenziale erzielen ließen, in Firmenbesitz.
Teils sehr spezielle Nutzfahrzeuge hat der Landesbetrieb Landesforsten Rheinland-Pfalz. Die Flotte zählt 400 Pkw, davon sind aktuell 75 E-Fahrzeuge. Nach und nach soll auch hier auf E-Fahrzeuge umgestellt werden, den Strom sollen PV-Anlagen auf Dachflächen von Dienstgebäuden und Holz-Solar-Carports liefern. Grenzen bei der Umstellung würden gesetzt von begrenzten Anhängelasten bei E-Fahrzeugen und der Tatsache, dass für bestimmte Zwecke nötige Fahrzeuge nur bedingt auf dem Markt seien.
Im Wald brauche man Bodenfreiheit. Wenn ein Fahrzeug aufsetze, gefährde das die teure Batterie. Und doch will Landesforsten bis Ende 2025 bilanziell klimaneutral werden – fünf Jahre früher als die Landesverwaltung insgesamt.