Angela Merkel spricht in einem aktuellen Interview offen über ihr Leben nach 16 Jahren als Kanzlerin – ohne Reue und mit besserer Nachtruhe.
Fast vier Jahre nach dem Ende ihrer Amtszeit zieht Angela Merkel (70) eine überraschend positive Bilanz ihres neuen Lebensabschnitts. In einem offenherzigen Interview mit der Zeitschrift „Bunte“ gibt die Ex-Bundeskanzlerin ungewohnt persönliche Einblicke in ihren Alltag ohne politische Verantwortung – und räumt mit dem Klischee des „Politik-Entzugs“ auf.
„Wenn ich ehrlich bin, vermisse ich nichts“, bekennt die 70-Jährige freimütig. Eine bemerkenswerte Aussage nach 16 Jahren an der Regierungsspitze Deutschlands. Statt Wehmut empfindet Merkel offenbar Zufriedenheit mit ihrer persönlichen Entscheidung, aus dem Amt zu scheiden: „Ich durfte 16 Jahre Deutschlands Kanzlerin sein und habe das wirklich mit großer Freude gemacht. Ich habe von selbst aufgehört, wurde nicht abgewählt.“ Sie empfinde deswegen auch keinerlei Bitterkeit, sondern erinnere sich an vieles gern.
Mehr soziale Kontakte und besserer Schlaf
Die frühere Regierungschefin scheint die fundamentale Veränderung ihres Lebensrhythmus zu genießen. „Mein Leben ist ruhiger, entspannter geworden, damit auch zum Teil tiefgründiger“, beschreibt sie ihren neuen Alltag. Besonders schätzt sie offenbar die wiedergewonnene Freiheit für soziale Kontakte: „Ich kann mich wieder besser mit Menschen treffen.“ Auch als Kanzlerin habe sie sich privat verabredet, aber zu dieser Zeit habe sie immer damit rechnen müssen, dass etwas passiere, die Verabredung platze: „Das belastet natürlich auch Freundschaften. Weil ich auch nicht dauernd alle enttäuschen wollte, habe ich auch angefangen, mich weniger zu verabreden.“ Das sei nun aber „deutlich besser geworden“ und darüber sei sie „sehr glücklich“.
Angesprochen auf die Qualität ihres Schlafes – ein Thema, das bei Spitzenpolitikern oft problematisch ist – antwortet Merkel ebenso offen und ehrlich: „Ich habe mehr Zeit zum Schlafen und ich schlafe auch besser.“ Allerdings sei das Schreiben ihrer Memoiren „Freiheit“ nochmal eine große Anstrengung gewesen. Sie sei froh, dass sie ihr Buch nun fertig wisse.
Angela Merkel: „Angst ist kein guter Ratgeber!“
Doch auch die aktuelle politische Weltlage beschäftigt Angela Merkel nach wie vor. Auf die Frage, ob sie selbst – wie viele Bürger aktuell – in großer Sorge sei, antwortet Merkel: „Als Kanzlerin habe ich immer gesagt, Angst ist kein guter Ratgeber! Sie hilft uns nicht weiter.“ Allerdings müsse man sich immer bewusst sein, dass die Demokratie kein Selbstläufer sei. Man müsse gleichzeitig wehrhaft sein, eine Abschreckung aufbauen gegen die, die nicht guten Willens sind, andererseits auch die Suche nach diplomatischen Lösungen in den Mittelpunkt stellen. „Seien wir neugierig auf diese Welt und lasst uns da, wo unsere Werte infrage gestellt werden, tapfer für sie kämpfen.“
