Grüner auf dem Thron: Novum in Bayern – Ein Grüner wird Oberbürgermeister

Seit mehr als zehn Jahren ist ein Konservativer Rathauschef in Würzburg. Nun darf sein bisheriger Stellvertreter ran – er hat ein grünes Parteibuch.

Mit Martin Heilig wird erstmals in Bayern ein Grünen-Politiker Oberbürgermeister. Der 49-Jährige setzte sich bei der Stichwahl um die Rathausspitze in Würzburg klar mit 65 Prozent gegen CSU-Kandidatin Judith Roth-Jörg durch. Die 49-Jährige kam laut dem vorläufigen Endergebnis auf 35 Prozent, wie die Stadt am Abend nach der Stimmenauszählung mitteilte. Heilig ist derzeit 2. Bürgermeister der Mainstadt und Stellvertreter des scheidenden OBs Christian Schuchardt (CDU), der zum Deutschen Städtetag wechselt. 

„Ich fühl‘ mich riesig“, sagte Heilig, ein gebürtiger Würzburger, im Rathaus. Er müsse nun erstmal verarbeiten, was passiert sei. Sein Politikstil des Zuhörens und des sachlich Bleibens habe sich ausgezahlt. Er wolle nun die Bevölkerung mitnehmen und dieser auch Verantwortung geben.

Parteispitze happy

Eine der beiden bayerischen Parteivorsitzenden, Eva Lettenbauer, sagte nach der Wahl der Deutschen Presse-Agentur: „Das ist ein ganz, ganz großer Schritt für uns in Bayern und ein neuer Anfang für eine Erfolgsschiene bei den Kommunalwahlen nächstes Jahr.“ Heiligs Art, die Menschen in den Vordergrund zu stellen und nicht die Partei, habe die Bürger überzeugt. „Das hat man hier auch sehr, sehr oft gehört. Die CSU war sehr verbittert, verbissen und vor allem damit beschäftigt, andere Parteien, gerade auch uns Grüne, in schlechtes Licht zu rücken. Das kommt nicht gut an bei den Menschen.“

Amtszeit bis 2032

Die Amtszeit des fünffachen Vaters Heilig wird am 1. Juli beginnen. Normalerweise wäre die OB-Wahl erst 2026 zusammen mit der Stadtratswahl erfolgt. Nun wird im nächsten Jahr nur der neue Stadtrat gewählt. Schuchardts Nachfolger bleibt somit bis 2032 im Amt, wenn wieder beide Wahlen zusammengelegt werden.

Grüner Wahlerfolg mit SPD-Unterstützung

Insgesamt hatten sich drei Frauen und ein Mann um das Amt beworben. Im ersten Wahlgang am 4. Mai war Heilig auf 39,6 Prozent aller gültigen Stimmen gekommen. Weil er die absolute Mehrheit verfehlte, kam es zur Stichwahl – dieses Mal erhielt der Grüne dann auch Unterstützung aus den Reihen der SPD. 

Rund 96.000 Bürgerinnen und Bürger waren zur Abstimmung aufgerufen, die Wahlbeteiligung lag bei nur noch 47,4 Prozent (erster Wahlgang: 52,2 Prozent).

Machtwechsel mit Geschichte

Schuchardt wurde 2014 erstmals zum OB in der Residenzstadt gewählt – er ist gebürtiger Frankfurter und hat sein CDU-Parteibuch auch in Bayern behalten. Sein Amtsvorgänger Georg Rosenthal war SPD-Politiker, der 2008 überraschend die christsoziale Amtsinhaberin Pia Beckmann vom Thron stieß. 

In der Residenzstadt hatte sich einst die Würzburger Liste (WL) von der CSU getrennt und 1990 der früheren Landtagspräsidentin Barbara Stamm die Oberbürgermeister-Wahl verhagelt. Der Zwist prägte lange Zeit die Kommunalpolitik am Main, doch dann rauften sich CSU, WL und FDP zusammen und schickten Schuchardt 2014 gemeinsam ins Rennen. 

2020 kam Schuchardt gar im ersten Wahlgang auf fast 52 Prozent der Stimmen und setzte sich damit klar gegen seinen Herausforderer Heilig durch, der danach Leiter des Umwelt- und Klimareferats und Klimabürgermeister wurde. Schuchardts Amtszeit für die etwa 131.000 Bürgerinnen und Bürger endet zum 30. Juni.

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