Ein Kaffee zum Mitnehmen, eine Pizza im Karton: Für Einweg-Verpackungen verlangt Tübingen 50 Cent Steuer. In Niedersachsen prüfen mehrere Städte, dem Beispiel zu folgen. Die IHK sieht das kritisch.
Die Industrie- und Handelskammer Niedersachsen (IHKN) warnt vor Mehrbelastungen durch eine kommunale Steuer auf Einwegverpackungen nach Tübinger Vorbild. Demnach befürchten viele Betriebe, die von einer Abgabe auf Einwegbecher oder Essensschachteln betroffen wären, höheren Verwaltungsaufwand, sinkende Umsätze und steigende Preise, sollte eine solche Steuer auch in Niedersachsen kommen. Das ergab eine Umfrage der Kammer unter 258 Betrieben, die davon betroffen wären.
94 Prozent der Befragten gaben demnach an, mit einem höheren Dokumentationsaufwand etwa beim Erfassen des Verpackungseinsatzes zu rechnen. 86 Prozent gehen davon aus, dass der Aufschlag, der in Tübingen bei 50 Cent liegt, zu Umsatzrückgängen führen würde. 71 Prozent sagten, dass sie bei einer solchen Abgabe wohl die Preise erhöhen würden. 21 Prozent würden das Angebot einschränken, 18 Prozent sogar ganz auf Essen und Trinken zum Mitnehmen verzichten.
„Die Einführung kommunaler Verpackungssteuern wird zu erheblichen bürokratischen und finanziellen Belastungen für Unternehmen führen, ohne den gewünschten ökologischen Effekt zu erzielen“, sagte IHKN-Hauptgeschäftsführerin Monika Scherf laut Mitteilung. „Hier droht die nächste Bürokratiewelle auf die Wirtschaft loszurollen.“
Flickenteppich unterschiedlicher Regeln befürchtet
Kritisch sieht die Kammer zudem, dass jede Kommune unterschiedliche Regeln einführen könnte. Hier drohe „ein Flickenteppich aus unterschiedlichen kommunalen Regelungen, der Wettbewerbsverzerrungen erzeugt“, so Scherf. Unternehmen in Kommunen mit Verpackungssteuer würden gegenüber Unternehmen in anderen Regionen benachteiligt. Das könne dazu führen, dass Kunden in Gemeinden ohne eine solche Steuer ausweichen würden, befürchtet die Kammer.
Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Verpackungssteuer in Tübingen prüfen auch zahlreiche Städte in Niedersachsen eine solche Abgabe, wie jüngst eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur in den Rathäusern ergeben hatte. Entsprechende Initiativen gibt es unter anderem in Göttingen, Hildesheim, Cuxhaven und Emden. Auch Hannover zeigt sich offen für eine Verpackungssteuer. Konkrete Beschlüsse folgten noch nicht.
Steuer für Kaffeebecher und Pizzakartons
In Tübingen gibt es die Abgabe bereits seit 2022. Wer dort Speisen und Getränke verkauft, muss auf nicht wiederverwendbare Verpackungen und andere Artikel eine Verpackungssteuer zahlen. Für Verpackungen wie Kaffeebecher und Pizzakartons sowie für Einweggeschirr wie Pommesschalen sind 50 Cent fällig. Für Einwegbesteck und Strohhalme werden 20 Cent verlangt. Ziel der Stadt ist es, Müll im öffentlichen Raum zu reduzieren.
Eine Betreiberin eines Schnellrestaurants hatte dagegen geklagt – ohne Erfolg. Das Bundesverfassungsgericht wies die Beschwerde zurück und entschied, dass eine Verpackungssteuer verfassungsgemäß ist.