Es soll die erste Begegnung von US-Armee und Roter Armee an der Elbe zeigen: das Foto von Soldaten im April 1945 in Torgau. Doch streng genommen ist es eine Fälschung.
Das berühmte Bild von Torgau ging kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs um die Welt. Am 25. April 1945 begegneten sich Soldaten der US-Armee und der Roten Armee in der sächsischen Stadt an der Elbe und reichten sich über die klaffende Lücke einer zerstörten Brücke hinweg die Hände.
Die Aufnahme des US-Pressefotografen Allan Jackson entstand allerdings erst einen Tag später und zeigt nicht die Originalszene. Das Foto, das um die Welt ging, ist eine Nachstellung, um den historischen Augenblick angemessen zu dokumentieren. Das erste Aufeinandertreffen lief in Wahrheit anders ab als dargestellt – und an einem anderen Ort.
An dem Tag, der in die Geschichte eingehen sollte, machte sich zunächst ein kleiner Trupp vom US-Hauptquartier in Wurzen auf, um den schmalen Streifen zu erkunden, der noch zwischen US-Armee und Roter Armee lag. Die Amerikaner hatten ihre Soldaten an der Mulde, einem Nebenarm der Elbe, gestoppt. So war es mit den Sowjets vereinbart worden, deren Truppen an der Elbe Halt machten. Man wollte ein unkontrolliertes Aufeinandertreffen vermeiden.
Unter Führung von Leutnant Albert Kotzebue fuhr der Erkundungstrupp nach Strehla, das 30 Kilometer entfernt von Torgau liegt. Dort setzte Kotzebue mit mehreren Soldaten auf einem Segelboot über die Elbe – und traf auf eine Einheit Rotarmisten unter Führung von Oberstleutnant Alexander Gordejew.
Sie feierten den Sieg und den Frieden
Die Begegnung lief emotional ab. Gemeinsam feierten Amerikaner und Sowjets den Sieg über Nazi-Deutschland, es wurden Souvenirs ausgetauscht: „Wir versprachen einander, dass die Nationen der Erde in Frieden leben sollten und müssten“, beschrieb Joseph „Joe“ Polowsky, der bekannte US-Übersetzer, der sich danach sein ganzes Leben lang für den Frieden einsetzen sollte, das Aufeinandertreffen. Polowsky war der Sohn jüdischer Emigranten aus der Ukraine und sprach Russisch.
Nur zu einem Bild taugte die Kulisse nicht. Das Treffen in Strehla fand inmitten von rund 300 Leichen statt. Die Kinder, Frauen und alten Männer waren Opfer eines irrtümlichen Artilleriebeschusses der Roten Armee geworden.
Erst schossen die Sowjets in Torgau auf die Amerikaner
Es gab aber einen zweiten Erkundungstrupp, der sich an diesem Tag aufgemacht hatte. Unter Führung von Leutnant William Robertson sollte er die Flüchtlingsströme östlich von Leipzig beobachten. Als Robertson unterwegs die Informationen erhielt, dass Einheiten der Roten Armee bei Torgau an der Elbe stünden, fuhr er dorthin.
Die Begegnung dort gestaltete sich schwieriger. Zunächst schossen sowjetische Soldaten auf die US-Fahne, die die Amerikaner auf der Westseite schwenkten, weil sie eine Falle von Wehrmachtssoldaten vermuteten.
Lieutenant William Robertson (l.) und Alexander Sylvashko posieren am 25. April 1945 für den Fotografen. Ein Originalbild von der Begegnung auf der Brücke existiert nicht
Erst als das Missverständnis ausgeräumt war, kam es zur Begegnung zwischen der Patrouille von Oberleutnant Alexander Sylvashko und dem Erkundungstrupp unter Robertson. Dafür waren die Soldaten von beiden Seiten auf die zerstörte Brücke geklettert und hatten sich über den geborstenen Brückenkopf hinweg die Hände gereicht.
Diese Szene wurde aber exakt einen Tag später mit anderen Soldaten nachgestellt – und fand ihren Weg in die Welt-Öffentlichkeit.