Die Union lässt ihre Basis nicht über den mit der SPD ausgehandelten Koalitionsvertrag abstimmen. Eigentlich. Denn die Berliner CDU geht andere Wege.
Die bundesweit beachtete Mitgliederumfrage der Berliner CDU zum Koalitionsvertrag von Union und SPD endet heute. Noch bis 16.00 Uhr haben Parteimitglieder die Möglichkeit, online zwölf Fragen zu dem Regierungsprogramm zu beantworten. Wann die Landespartei nach Ablauf der Frist Ergebnisse mitteilt, ist offen.
Weder die Bundespartei mit dem potenziellen neuen Kanzler Friedrich Merz noch andere CDU-Landesverbände befragen die Mitglieder zum Koalitionsvertrag. Die Hauptstadt-CDU hatte ihre Umfrage am vergangenen Donnerstag gestartet, einen Tag nach Vorstellung des Vertrages. Sie schrieb dazu diejenigen der rund 12.500 Mitglieder an, die per Mail erreichbar sind. In irgendeiner Weise bindend sind die Ergebnisse nicht.
Rege Beteiligung der Parteibasis
Nach Angaben von Landesgeschäftsführer Dirk Reitze zeichnete sich zuletzt eine rege Beteiligung ab. Die Berliner CDU stellt ihren Mitgliedern nicht die Frage, ob sie dem Vertrag zustimmen. Vielmehr wird vor allem die Meinung zu bestimmten Themen abgefragt: Dazu gehört die noch vom alten Bundestag beschlossene Lockerung der Schuldenbremse, die Verschärfung der Migrationspolitik, die Reform des Bürgergeldes, die Rentenpolitik oder die Fortsetzung des Deutschlandtickets.
Sachfragen und Schulnoten
Bei den meisten Punkten lautet die Frage, ob die Mitglieder das sachgerecht finden. Sie können ankreuzen „Ja“, „eher ja“, „eher nein“, „nein“ oder „Ich weiß nicht“. Es gibt aber auch einige andere Punkte. So wird im Hinblick auf die geplante schwarz-rote Koalition gefragt: „Wie ist Ihre Haltung dazu?“ Die Mitglieder können auch Schulnoten für den Koalitionsvertrag vergeben.
Innerhalb der CDU-Basis dürfte der Koalitionsvertrag nicht nur auf Unterstützung stoßen: Er stellt einen Kompromiss mit SPD-Positionen dar, und die Einlösung so mancher Wahlversprechen von Merz dürfte schwierig werden.
Spitze von Wegner gegen Merz?
Mutmaßungen in Medien, wonach die Mitgliederumfrage als Nadelstich von Berlins CDU-Chef und Regierendem Bürgermeister Kai Wegner gegen Merz zu werten sei, wurden innerhalb der Landespartei zurückgewiesen. Es handele sich um ein seit zehn Jahren bewährtes Instrument der Mitgliederbeteiligung, das drei- oder viermal im Jahr zum Tragen komme.
Wegner hat in der Vergangenheit zu bestimmten Themen auch öffentlich andere Positionen vertreten als Merz. Ein Beispiel ist die Lockerung der Schuldenbremse: Wegner forderte diesen Schritt vehement, Merz lehnte ihn selbst im Wahlkampf noch ab – um dann unmittelbar nach der Bundestagswahl eine Kehrtwende zu vollziehen.
Den Koalitionsvertrag hatte Wegner in der Vorwoche begrüßt, er setze die richtigen Schwerpunkte: „Wirtschaftliche Vernunft und sicherheitspolitische Konsequenz.“
Bei der SPD haben die Mitglieder das letzte Wort
Bei der SPD stimmen die Mitglieder noch bis zum 29. April über den Koalitionsvertrag mit der Union ab. Die CSU nahm ihn bereits per Vorstandsbeschluss an. Die CDU entscheidet am 28. April auf einem kleinen Parteitag. Falls alles glattläuft, soll CDU-Chef Merz am 6. Mai im Bundestag zum Kanzler gewählt werden.