Neue Serie: stern-Legenden: Loriot – mit ihm war mehr Lametta

Er brachte den Deutschen bei, über sich selbst zu lachen: Loriot alias Vicco von Bülow schrieb Sketche für die Ewigkeit – wie „Die Nudel“ oder den „Bettenkauf“.

Er stammt aus einer Zeit, die vielen heute wie in Zeitlupe vorkommen muss. Das Fernsehen war herrlich langsam mit seinen drei Programmen. Geschichten wurden ganz in Ruhe erzählt und auch Sketche. Es gab noch Platz in den Köpfen der Zuschauer, sodass Sätze sich in das kollektive Gedächtnis einbrennen konnten – wie „Hildegard, bitte sagen Sie jetzt nichts!“ oder „Wo laufen sie denn?“, bei denen bis heute jeder weiß: Das war Loriot!

Drei Jahre und sechs Folgen seiner Sketchreihe brauchte der Humorist, um sich ein Denkmal zu setzen – als „der größte deutsche Künstler der Gegenwart“, wie der „Spiegel“ ihn nannte. Die Reihe lief von 1976 bis 1978, mit Loriot als Generalintendant: Er schrieb die Sketche, führte Regie und war sein eigener Hauptdarsteller. Immer an der Seite seiner kongenialen Partnerin Evelyn Hamann, der er so treu war wie Ehefrau Romi.

Loriot und Evelyn Hamann – die Chemie stimmte

Dabei entsprach Hamann zunächst so gar nicht seinen Vorstellungen: „Ich hatte eigentlich eine kleine, dicke, blonde, typische deutsche Hausfrau gesucht. Stattdessen bekam ich eine große, schlanke, braune Magere“, erinnerte Loriot sich. Doch die Chemie stimmte einfach – ob im „Nudelsketch“, wo Hamann als Fräulein Hildegard bei einem romantischen Abendessen gebannt auf eine Nudel starrte, die im Gesicht ihres Verehrers klebte. Oder in der „Jodelschule“, wo sie als biedere Frau Hoppenstedt ihr Jodeldiplom ablegte: „Holleri di dudl dö.“ Und der Dozent korrigierte: „Du dödl di!““Auf den Hund gekommen“: Loriots Karikaturen 1953 im stern
© stern

Auch in seinen beiden Kinofilmen spielte Hamann die Hauptrolle. Dabei dauerte es ewig, bis Loriot sich überhaupt zu einem Film überreden ließ: Der Produzent Horst Wendlandt musste ihn mehr als zehn Jahre beknien, bis er einwilligte. Loriot war 65, als sein Debütfilm „Ödipussi“ ins Kino kam. „Wir haben nichts überstürzt“, fasste er zusammen.

Seine Zeichnungen sorgten für Protestbriefe

Loriot drehte noch einen zweiten Film, „Pappa ante Portas“. Wendlandt fragte sodann: „Wann kommt der dritte?“, doch Loriot fand, das reiche jetzt. „Ich habe meine Arbeiten immer rechtzeitig beendet, um keine Langeweile aufkommen zu lassen.“ Zu Beginn jedoch nicht ganz freiwillig.

Vicco von Bülow wurde 1923 in eine preußische Offiziersfamilie hineingeboren. Nach dem Krieg studierte er Malerei und Grafik. Bald nannte er sich Loriot, französisch für den Pirol, das Wappentier der von Bülows. 1950 begann er, für den stern Karikaturen zu zeichnen. Doch die Reihe hieß „Auf den Hund gekommen“, und seine Zeichnung eines Hundes, dessen Mensch sich an einem Baum erleichtert, sorgte für Protestbriefe: Er nähme dem Menschen seine Würde. Nach sieben Folgen war Schluss. Loriot schlug stattdessen „Reinhold das Nashorn“ vor. Das lief 17 Jahre.

In der Zwischenzeit heiratete er und bekam mit seiner Frau zwei Töchter. Die Familie am Starnberger See war sein großes Glück. Eine ähnliche Zuneigung pflegte Loriot zu all den Figuren, die ihm dank seiner feinen Beobachtungsgabe in den Sinn kamen. Wie Herr Hallmackenreuther, der beim Bettenkauf die „Spannmuffenfederung“ empfahl. Ohne belehrend zu sein, hielt Loriot den Deutschen den Spiegel vor. Sein trockener Humor wurde zum Vorbild für Hape Kerkeling oder Olli Dittrich. Als er gefragt wurde, was auf seinem Grabstein stehen solle, antwortete Loriot: „Zweckmäßig wäre es, wenn der Name darauf stünde.“