Landgericht Neubrandenburg: Stieftochter gequält: Dreieinhalb Jahre Haft für 40-Jährige

Sie misshandelte ihre damals 14 Jahre alte Stieftochter über einen langen Zeitraum massiv. Das Mädchen musste in der Dusche essen und schlafen. Nun kommt die Frau in Haft.

Die Taten sorgen bei der einstündigen Urteilsverkündung im Saal des Landgerichts Neubrandenburg noch einmal für Entsetzen. Eine 40-Jährige soll ihre damals 14 Jahre alte Stieftochter über einen längeren Zeitraum wiederholt und auf grausame Weise gequält haben. „Ihr kam es darauf an, der Geschädigten langanhaltende und intensivierende Schmerzen zuzufügen“, sagte die Richterin.

Wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen, gefährlicher Körperverletzung sowie Freiheitsberaubung wurde die Frau nun zu einer dreieinhalbjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Ihr 47 Jahre alter Ehemann, der leibliche Vater des Opfers, wurde wegen Beihilfe durch Unterlassung zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt. Das Urteil nahmen die beiden Angeklagten regungslos, zum Teil mit skeptischen Blicken zur Kenntnis.

Mädchen mehrfach in die Dusche eingesperrt

Das Landgericht sah es als erwiesen an, dass die 40-jährige Frau aus dem Landkreis Vorpommern-Greifswald das Mädchen 2020 und 2021 mehrfach in die Dusche einsperrte, wo es essen, schlafen und seine Notdurft verrichten musste. Zum Schluss soll die junge Frau sogar vier Wochen in der Dusche eingesperrt gewesen sein – sie durfte die Dusche nur für Reinigungsarbeiten im Haus verlassen.

Nach der Geburt des ersten gemeinsamen Kindes des Ehepaars sei es zu einem Bruch zwischen der Stiefmutter und -tochter gekommen, führte die Richterin aus. Die Sanktionen gegen das Mädchen nahmen wegen vermeintlichen Fehlverhaltens zu. Zu den Strafen gehörte demnach, dass das Mädchen mehrmals in der Woche in einer mit kaltem Wasser gefüllten Badewanne nächtigen musste, wobei ihr untersagt wurde, einzuschlafen.

Die 40-Jährige soll auf ihre Stieftochter auch mehrfach eingeschlagen und sie geschubst haben. Das Mädchen wurde von der Stiefmutter zudem mehrfach in kaltes Wasser in der Badewanne getaucht, sodass es Atemnot verspürte, wie die Richterin sagte. Die 40-Jährige zwang ihr Opfer auch, verdorbene Lebensmittel zu essen.

Vater habe „schlichtweg weggesehen“

Dem 47 Jahre alten Ehemann waren die Taten laut Gericht bekannt. Er habe es unterlassen, die Handlungen zu verhindern. Er habe „schlichtweg weggesehen und dem Leid seines eigenen Kindes kein Ende gesetzt“, sagte die Richterin. Neben dem Ehepaar war auch die 17-jährige Tochter der Frau angeklagt. Ihr Verfahren war jedoch im November abgetrennt worden.

Wegen einer Verfahrensverzögerung gelten bei beiden Verurteilten drei Monate ihrer Strafen als bereits vollstreckt. Das Ehepaar muss laut Urteil auch für ein Schmerzensgeld von 10.000 Euro aufkommen. Die Angeklagten haben nun eine Woche Zeit, um gegen das Urteil Revision einzulegen.

Erstes Verfahren abgebrochen

Das Verfahren hatte Ende Januar im zweiten Anlauf begonnen. Ein erstes Verfahren im November vergangenen Jahres war wegen einer geplatzten Verfahrensabsprache zwischen den Prozessbeteiligten abgebrochen worden. Die Verständigung sah im Gegenzug für ein Geständnis der Angeklagten einen bestimmten Strafrahmen vor. Da die Angeklagten sich aber nicht vollumfänglich geständig eingelassen hätten, sei eine umfangreiche Beweisaufnahme erforderlich gewesen, hatte das Gericht begründet.

Zum ersten Verhandlungstag im Januar waren die Angeklagten dann nicht vor Gericht erschienen. Der Versuch einer vom Gericht angeordneten polizeilichen Vorführung lief ins Leere, weil die Beamten die Angeklagten nicht an ihrer Adresse antrafen.

Der Prozess war mit Ausnahme der Urteilsverkündung nicht öffentlich. Auch bei den Plädoyers der Staatsanwaltschaft und Verteidigung war die Öffentlichkeit ausgeschlossen. Es sei dabei auch um den Schutz des Mädchens gegangen.