Viele werdende Mütter wünschen sich eine natürliche Geburt, möglichst ohne ärztliche Eingriffe, individuell betreut. Einige Thüringer Geburtskliniken haben ihr Angebot um Hebammenkreißsäle ergänzt.
Das Angebot einiger Thüringer Krankenhäuser an Schwangere, ihre Kinder ohne ärztliche Begleitung in von Hebammen geleiteten Kreißsälen zur Welt zu bringen, stößt nach Einschätzung der Kliniken auf Interesse. Es gebe zahlreiche Anfragen und Anmeldungen dazu, teilten die Thüringen-Kliniken Saalfeld und das Universitätsklinikum Jena auf Anfrage mit. In Hebammenkreißsälen betreuen die Geburtshelferinnen eigenverantwortlich gesunde Schwangere vor, während und nach der Entbindung. Ärzte werden nur bei Komplikationen zur Unterstützung herangezogen. Kliniken bieten das zusätzlich zur normalen Geburtshilfe an.
Nach Angaben des Hebammenlandesverbandes gibt es in Thüringen bislang an vier Kliniken Hebammenkreißsäle, neben Saalfeld und Jena sind das die Ilm-Kreis-Kliniken in Arnstadt und das Helios-Klinikum Erfurt. Im Klinikum Weimar ist nach Angaben einer Sprecherin einer geplant.
In den Thüringen-Kliniken haben seit dem Start zu Jahresbeginn zehn Frauen im Hebammenkreißsaal entbunden. „Das sind knapp ein Zehntel aller Geburten seit dem 1. Januar 2025 bei uns“, teilte Kliniksprecher Stephan Breidt mit. Vorgestellt hätten sich rund 50 werdende Mütter. In Vorgesprächen oder während der Geburt habe sich allerdings herausgestellt, dass sie nicht im Hebammenkreißsaal entbinden könnten.
Nur für Schwangere ohne Gesundheitsrisiken
„Bei Risikoschwangerschaften ist das nicht möglich“, erläutert die Vorsitzende des Hebammenlandesverbandes, Diana Schmidt. Das betreffe beispielsweise Frauen mit Bluthochdruck oder früheren Kaiserschnittentbindungen. Auch wenn das Kind zu klein sei, falsch im Körper der Mutter liege oder bei Zwillingsgeburten dürften Hebammen die Entbindungen nicht allein begleiten.
Am Universitätsklinikum Jena, wo jährlich rund 1.200 Kinder zur Welt kommen, ist der Anteil der allein von Hebammen betreuten Geburten – 35 Geburten binnen zwei Jahren – deshalb überschaubar. „Als Krankenhaus der Maximalversorger betreuen wir eher Risikoschwangere, zum Beispiel Frauen nach einer Organtransplantation oder Diabetikerinnen“, sagt die leitende Hebamme Claudia Hahnemann. Aktuell stehen in Jena 160 werdende Mütter auf der Anmeldeliste für den hebammengeleiteten Kreißsaal.
Kammer schlägt Hebammenzentren vor
Angesichts sinkender Geburtenzahlen in Thüringen, eines zunehmenden Fachkräftemangels und höherer Standards bei der Personalausstattung von Geburtskliniken durch die Klinikreform hat die Landesärztekammer kürzlich eine stärkere Zentralisierung in der Geburtsmedizin angeregt. Sie brachte dabei auch die Schließung von kleinen Geburtskliniken ins Spiel.
Zur Versorgung in davon betroffenen Regionen schlägt die Kammer wohnortnahe Hebammenzentren vor, die sich telemedizinisch mit bestehenden Geburtskliniken zusammenschalten könnten. In Thüringen gibt es laut Kammer aktuell 19 Geburtskliniken. Vier von ihnen betreuen weniger als 350 Entbindungen jährlich – also nicht einmal eine pro Tag.