Vor einigen Jahrzehnten waren Seeadler im Norden nahezu ausgestorben. Mittlerweile gibt es wieder knapp 150 Brutpaare. Nun hat die Brut begonnen.
Die Seeadler in Schleswig-Holstein haben mit der Brut begonnen. Das Paar am Burgsee in Schleswig brütet seit dem 8. März, sagte der ehrenamtliche Horstbetreuer der Projektgruppe Seeadlerschutz Schleswig-Holstein Friedrich Neujahr der Deutschen Presse-Agentur. „Der Brutbeginn ist in einem für Seeadlerpaare völlig üblichen Bereich. Für das Schleswiger Paar war sonst allerdings schon immer im Februar der Start in die Brutsaison.“ Mit dem Schlupf der Küken rechnet Neujahr kurz vor Ostern.
Im vergangenen Jahr waren nach Angaben der Projektgruppe Seeadlerschutz 149 Reviere im Land besetzt. Das sind fünf mehr als im Jahr zuvor. 139 Brutpaare, verteilt auf alle 11 Landkreise, begannen mit der Brut. 100 Paare waren erfolgreich, sodass im Sommer insgesamt 145 junge Adler flügge wurden.
Von dem Schleswiger Paar sind in den vergangenen 10 Jahren 17 Jungadler ausgeflogen, eine überdurchschnittliche Reproduktion, wie Neujahr betonte. Es hat sich 2014 in der Stadt an der Schlei niedergelassen. Der erste Bruterfolg war dann 2015, wie Neujahr sagte. Man gehe davon aus, dass es immer dieselben Vögel sind. „Beringt ist das Paar nicht, somit kann man sich nur an Äußerlichkeiten und dem Verhalten orientieren.“
In Schleswig geschlüpfte Küken haben nicht überlebt
Im vergangenen Jahr hat keines der beiden in Schleswig geschlüpften Küken überlebt. Eines sei nach etwa vier Wochen auf dem Horst verendet, wie Neujahr sagte. „Das ist nicht ungewöhnlich, da die einzelnen Schlupfintervalle durchaus einige Tage auseinander liegen können und somit das erst geschlüpfte Küken, als stärkeres, sich gegenüber dem anderen gelegentlich durchsetzt.“
Der zweite Jungadler sei flügge geworden und habe den Horst auch verlassen, sei dann aber nicht wieder gesehen worden. „Zu vermuten ist ein missglückter erster „Ausflug“.“ Die Sterblichkeit der Jungadler sei im ersten Jahr recht hoch, sagte Neujahr.
Drei Tiere durch illegalen Pflanzenschutzmitteleinsatz vergiftet
Insgesamt waren 28 Prozent der 139 Brutpaare erfolglos.“Die Ursachen für die Brutverluste sind vielfach unbekannt,aber in sechs Revieren wurden Brutaufgaben durchden Tod eines Altvogels verursacht“, heißt es im Jahresbericht. Im Revier Riesewohld (Kreis Dithmarschen) seien sogar beide Altvögel und ein Jungvogel nachweislich durch den illegalen Einsatz von Mevinphos, einem Wirkstoff für Pflanzenschutzmittel, vergiftet worden. Polizei und Staatsanwaltschaft ermitteln wegen des Verstoßes gegen das Bundesnaturschutz-, Jagd- und Tierschutzgesetz.
Im Zeitraum vom 1. Januar bis 8. August 2024 wurden inSchleswig-Holstein 24 Seeadler schwer verletzt oder totaufgefunden. „Darunter waren sechs Vögel, die tot an Eisenbahnstreckenlagen und weitere sechs Vögel kollidierten mit den Rotorblättern von Windenergieanlagen“, wie Bernd Struwe-Juhl und Volker Latendorf von der Projektgruppe Seeadlerschutz im Jahresbericht schreiben.
Seeadler standen am Rande des Aussterbens
Der Seeadler (Haliaeetus albicilla) zählt mit einer Flügelspannweite von bis zu rund zweieinhalb Metern zu den größten Greifvögeln Mitteleuropas. Er wurde jahrhundertelang mit Fallen und Schusswaffen verfolgt. Der größte europäische Greifvogel war nach Angaben der Naturschutzorganisation WWF einst in vielen Ländern Europas verbreitet. „Doch schon um 1900 hatte ihn der Mensch fast vollständig ausgerottet.“ Heute leben in Deutschland laut WWF wieder mehr als 1.000 Brutpaare.
1990 lag der Bestand der Brutpaare in Schleswig-Holstein nach Angaben Neujahrs bei unter 10. „Anfang 2000 waren es um die 30, 2010 mehr als 60 und 2020 schon mehr als 100 Brutpaare.“
Projektgruppe engagiert sich seit Jahrzehnten im Seeadlerschutz
Gegründet wurde die Projektgruppe Seeadlerschutz 1968 im Rahmen des WWF-Projektes „Greifvogelschutzprogramm in Schleswig-Holstein“. Seit 1997 ist die Projektgruppe ein gemeinnützig anerkannter Verein und führt seither im Auftrag des Landes Schleswig-Holstein das Artenschutzprojekt Seeadler durch.
Wichtige Artenschutzmaßnahmen sind unter anderem der Erhalt von alten Buchenbeständen, die Wiedervernässung ehemaliger Feuchtgebiete sowie die Einrichtung von Schutzzonen um den Neststandort. Zudem werden die Brutreviere durch haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter wie Neujahr betreut.