Der schwerkranke Schauspieler Heinz Hoenig hat keine Krankenversicherung. Bis heute muss er hohe Therapiekosten selbst finanzieren. Hier die wichtigsten Antworten für solche Fälle.
Der Fall Heinz Hoenig: Was bis heute passiert ist
Vor bald einem Jahr erkrankte der Schauspieler und Ex-Dschungelcamper Heinz Hoenig plötzlich und schwer. Fünf Monate kämpfte er in Krankenhäusern um sein Leben. Die infizierte Speiseröhre wurde ihm entfernt, er wurde an der Hauptschlagader (Aorta) operiert, weitere Eingriffe sollen dieses Jahr folgen.
Er ist pflegebedürftig, zu Hause musste ein Treppenlift eingebaut werden. All diese Kosten wurden hauptsächlich durch Spenden seiner vielen Fans finanziert – denn Heinz Hoenig hat keine Krankenversicherung.
Welche Summen bisher aufgelaufen sind, lässt sich nur grob abschätzen. Etwa 160.000 Euro Spendengelder waren laut ntv im vergangenen November schon verbraucht, als Hoenigs Ehefrau Annika in ihrem Podcast „24 – (K)ein Sommer in Berlin“ erzählte, dass weitere 90.000 Euro für einen Eingriff in einem Leipziger Krankenhaus nötig würden. Ein Zahlungsaufschub oder Ratenzahlungsplan sei abgelehnt worden, eine Ärztin habe ihr gesagt: „Frau Hoenig, entweder Sie packen uns das Geld bis übermorgen auf den Tisch, oder wir nehmen Ihren Mann nicht auf.“
Weitere Eingriffe, die noch folgen, müssen wohl wieder durch Spenden finanziert werden. Angeblich versucht Kärsten-Hoenig seit Monaten mithilfe eines Anwalts, ihren Mann wieder zu versichern – bisher ohne Erfolg.
In solche Situationen kann man geraten, wenn man sich in den gesunden Jahren seines Lebens die Krankenkassenbeiträge spart. Und wer sich einmal aus der Solidargemeinschaft verabschiedet hat, dem wird die Rückkehr erschwert. Grundsätzlich aber ist das Sozialsystem in Deutschland so angelegt, dass man kaum um die Krankenversicherungspflicht herumkommt.
Wie es zu Fällen wie Heinz Hoenig kommt und welche Lösungswege es gibt – hier die wichtigsten Fragen und Antworten.
Besteht in Deutschland eine Krankenversicherungspflicht?
Schon seit dem Jahr 2009 muss jeder Mensch mit Wohnsitz in Deutschland krankenversichert sein. Es gibt eine Einkommensbemessungsgrenze, bis zu der eine Versicherungspflicht in einer gesetzlichen Krankenkasse besteht. Die ist in den vergangenen Jahren deutlich angestiegen. Aktuell im Jahr 2025 liegt sie bei monatlich 5512,50 Euro. Wer über dieser Einkommensgrenze liegt, kann sich zum ersten Januar des darauffolgenden Jahres privat versichern, oder aber er bleibt als freiwillig Versicherter in der Krankenkasse. Weder gesetzliche Krankenkassen noch private Krankenversicherungen dürfen ihren Mitgliedern kündigen.
Warum haben noch heute Menschen keine Krankenversicherung – so wie Heinz Hoenig?
Theoretisch müsste die Zahl der Versicherungslosen wegen dieser gesetzlichen Pflicht in Deutschland irgendwann auf null zurückgehen. Doch wird ihre Einhaltung kaum kontrolliert. Nicht von ihr erfasst werden zum Beispiel regelmäßig Menschen aus anderen EU-Ländern, die sich zwar legal in Deutschland aufhalten, aber weder in ihrem Heimatland noch hierzulande krankenversichert sind. Auch Einwanderer aus Drittstaaten ohne gültigen Aufenthaltsstatus sind oft nicht versichert.
Außerdem gibt es „Langzeit-Versicherungslose“ – also Menschen, die schon vor der Einführung der allgemeinen Krankenversicherungspflicht nicht versichert waren. In diese Gruppe dürften viele Selbstständige fallen, die sich nie darum gekümmert haben oder zu wenig verdienten, um die Beiträge zu bezahlen.
Von Heinz Hoenig wissen wir nicht, seit wann er nicht versichert ist. Doch seine Ehefrau Annika sagt, nach einer Privatinsolvenz habe er sich die Beiträge nicht mehr leisten können.
Ohne Krankenversicherung sind oft auch Obdachlose oder Menschen, denen in der Zeit vor 2009 wegen nicht gezahlter Beiträge von ihrer Krankenversicherung gekündigt wurde. Neben all diesen Fällen gibt es außerdem ein Sonderkündigungsrecht für private Krankenversicherungen: Wenn sich das Mitglied einer „vorvertraglichen Anzeigenpflichtverletzung“ schuldig gemacht hat, also zum Beispiel eine Krebserkrankung im Aufnahmeantrag wissentlich verschweigt, darf die Versicherung von dem Vertrag zurücktreten.
Wie viele Menschen ohne Krankenversicherungsschutz gibt es?
Laut Statistischen Bundesamt waren im Jahr 2019 hierzulande nur 61.000 Personen nicht krankenversichert, deutlich weniger als im Jahr 2015, als es noch 79.000 waren. Allerdings gehen Fachleute von einer hohen Dunkelziffer aus. Der Gesundheitsökonom Jürgen Wasem von der Universität Duisburg-Essen ging in einem Artikel im Deutschen Ärzteblatt von einer halben bis einer Million Betroffenen aus, die Hilfsorganisation „Ärzte ohne Grenzen“ von einigen Hunderttausend Menschen.
Was passiert, wenn man dauerhaft keine Beiträge entrichtet?
Die Krankenversicherung von Säumigen, die ihre Beiträge trotz zweifacher Mahnung über zwei Monate nicht bezahlt haben, ruht automatisch. Das bedeutet, dass sie zwar grundsätzlich noch versichert sind, aber nur noch Behandlungen akuter Erkrankungen und Schmerzzustände in Anspruch nehmen können. Wenn sie privat versichert sind, werden sie in einen gesetzlich vorgeschriebenen „Notlagentarif“ eingestuft, für den man dann nur noch etwa 100 bis 150 Euro monatlich an Beiträgen bezahlt.
Wenn zum Beispiel ein Patient wegen einer akuten Zahnwurzelentzündung eine Wurzelbehandlung bräuchte, entscheidet er sich dann vielleicht zusammen mit dem Zahnarzt, es erstmal mit einer Schmerzbehandlung zu probieren. Den Notlagentarif kann man, anders als den Basistarif (s.u.), nicht selbst wählen, er ist für finanzielle Ausnahmesituationen vorgesehen.
Wie wird man wieder Mitglied einer Krankenversicherung?
Unversicherte können sich bei der gesetzlichen Krankenkasse melden, bei der sie früher Mitglied waren. Die muss sie auf jeden Fall aufnehmen, unabhängig vom aktuellen Gesundheitszustand. Allerdings laufen für die Zeit, in der man ohne ausreichenden Versicherungsschutz war, Beitragsschulden auf, und zwar für die vier zurückliegenden Jahre, wobei pro Monat ein Prozent Säumniszuschlag berechnet wird.
„Vorsätzlich vorenthaltene Beiträge“ verjähren allerdings erst 30 Jahre nach dem Fälligkeitsdatum. Auch Menschen, die aufgrund ihrer Versicherungsgeschichte privaten Versicherungen zugeordnet werden, haben ein Recht, wieder aufgenommen zu werden. Sie zahlen dann für die ersten sechs Monate ohne Versicherung rückwirkend die volle Prämie, danach jeweils ein Sechstel des Beitrags. Die privaten Krankenversicherungen müssen sie aufnehmen und ihnen zumindest den sogenannten Basistarif anbieten, der im Leistungsumfang dem der gesetzlichen Krankenversicherung entspricht.
Müssen Versicherungslose ihre Rechnungen für Krankenhausaufenthalte selbst bezahlen?
Grundsätzlich ja. Jedoch hängt dies unter anderem auch davon ab, wo der oder die Betroffene lebt. In mehreren Kommunen und Bundesländern gibt es seit einigen Jahren sogenannte Clearingstellen, die sich darauf spezialisiert haben, Menschen ohne Krankenversicherung in das reguläre Gesundheitssystem oder die Sozialhilfe zu integrieren und ihnen Zugang zu medizinischer Versorgung zu ermöglichen. Die Landeshauptstadt München zum Beispiel hat dafür einen eigenen Gesundheitsfonds mit mehreren Hunderttausend Euro aufgelegt, der in solchen Fällen die Kosten für nötige medizinische Leistungen übernimmt.
Dominik Heck vom Verband der Privaten Krankenversicherungen PKV sagt: „Grundsätzlich müsste der Betroffene oder seine Angehörige dann schleunigst einen Antrag auf Mitgliedschaft in einer privaten Krankenversicherung einreichen.“ Ab dem Tag der Antragstellung, also noch vor der Prüfung und Zusage, würden Leistungen dann auch übernommen. Wenn jedoch der medizinische Notfall jedoch vor dem Versicherungsbeginn eintrat, müsse der Einzelfall genau geprüft werden. Eine Kostenerstattung sei dann in der Regel aber ausgeschlossen.