Unpopuläre Forderung: Was bringt die Streichung eines Feiertags für die Wirtschaft?

Wer mehr Schulden macht, muss auch mehr arbeiten: Wirtschaftsexperten fordern die Streichung eines Feiertags. Was das bringen soll, haben Ökonomen ebenfalls ausgerechnet. 

Auch in diesem Jahr werden die Dänen am „Store Bededag“ wieder arbeiten müssen. Denn der „Große Gebetstag“, den unsere Nachbarn traditionell am vierten Freitag nach Ostern begingen, ist seit 2024 kein gesetzlicher Feiertag mehr. Die dänische Regierung hat ihren Bürgern das beliebte lange Wochenende dauerhaft gestrichen, um höhere Rüstungsausgaben zu finanzieren. 400 Millionen Euro werde die Mehrarbeit in die Staatskasse spülen, versprach die Regierung damals.

Ob die Rechnung so aufgeht, ist noch nicht abschließend beantwortet. Doch der dänische Weg wird aktuell auch hierzulande heiß diskutiert. Die künftige Bundesregierung will die Ausgaben für Verteidigung und Infrastruktur massiv erhöhen und dafür Milliarden Schulden aufnehmen. Viele Wirtschaftsexperten begrüßen das. Sie fordern aber auch, den Gürtel an anderer Stelle enger zu schnallen und mehr Anstrengungen zu unternehmen, die Wirtschaft wieder flott zu kriegen.

Ein Feiertag weniger als Symbol

Die Streichung eines Feiertags nach dem Vorbild Dänemarks sei da „als Symbol genau richtig“, hat die Vorsitzende der Wirtschaftsweisen, Monika Schnitzer, kürzlich im Spiegel gesagt. Andere prominente Ökonomen sind der gleichen Meinung. Der Präsident des Münchener ifo-Instituts, Clemens Fuest, würde ebenfalls einen Feiertag opfern, um das Wachstum des Landes anzukurbeln. Und Guntram Wolff, Wirtschaftsprofessor an der Uni Brüssel und bis vergangenes Jahr Chef der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik, hatte schon der alten Ampel-Regierung vorgeschlagen, sogar zwei Feiertage zu streichen, um die Wirtschaft trotz Mehrausgaben für Klima und Verteidigung voranzubringen.

Der ökonomische Gedanke dahinter ist recht simpel: Wenn die Bevölkerung mehr arbeitet, sorgt das für mehr Wirtschaftswachstum und in der Folge auch für mehr Steuereinnahmen. Aber wie viel bringt ein Tag mehr Arbeit im Jahr der Wirtschaft wirklich? Das wiederum ist nicht ganz so einfach zu sagen.

Bis zu 8,6 Milliarden Euro mehr Wirtschaftsleistung

Das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln hat dafür zwei Rechnungen präsentiert, die zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Zum einen lassen sich verschiedene Jahre miteinander vergleichen, in denen die Zahl der Arbeitstage aufgrund kalendarischer Verschiebungen ohnehin schwankt. Daraus lasse sich ein Effekt von gut fünf Milliarden Euro mehr Wirtschaftsleistung pro zusätzlichem Arbeitstag ableiten, schreibt das IW.

Die andere Rechnung basiert auf einem Gutachten des Sachverständigenrats anlässlich der Abschaffung des Buß- und Bettags. Dieser war ab 1995 als Feiertag gestrichen worden, um die zusätzlichen Belastungen der Arbeitgeber durch die Beiträge zur neu eingeführten Pflegeversicherung zu kompensieren. Nimmt man die Simulationsrechnung von damals und überträgt sie auf das heutige Niveau, so ergibt sich laut IW eine zusätzliche Wirtschaftsleistung von 8,6 Milliarden Euro. 

Das klingt nach sehr viel Geld, entspricht aber letztlich etwa 0,2 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung in Deutschland. Die daraus resultierenden Steuermehreinnahmen würden natürlich nicht reichen, um die höheren Schulden zurückzuzahlen, sagt IW-Ökonom Christoph Schröder. Er betont vor allem die symbolische Wirkung der Maßnahme. „Der Vorschlag soll einen Anreiz schaffen, wieder mehr über längere Arbeitszeiten zu reden als über zusätzliche freie Tage.“ Denn klar ist: Fachkräftemangel und die Alterung der Gesellschaft stellen das Land auch unabhängig von sicherheitspolitischen Bedrohungen vor große wirtschaftliche Herausforderungen.

Mehrheit der Bürger lehnt Vorschlag ab

In der Praxis könnte die Streichung auch zu ganz unterschiedlichen – teils gegenläufigen – Effekten führen. Denn nicht jede Branche würde von einem Arbeitstag mehr gleichermaßen profitieren. Im Gastgewerbe und im Freizeitbereich könne es sogar negative Effekte geben, wenn die Menschen einen Tag weniger zum Ausgehen haben, sagt IW-Ökonom Schröder. Sollte ein beliebter Brückentag wegfallen, dürfte sich auch die Tourismuswirtschaft wenig freuen. Überhaupt ist die Frage, welcher Feiertag wegfallen soll, von großer ökonomischer Bedeutung. So könnte die Bauwirtschaft vor allem einen Tag mehr in den Sommermonaten produktiv nutzen, während andere Unternehmen besonders viel in der Weihnachtszeit zu tun haben.

In der Bevölkerung kommt die Idee, zum Wohle des Wirtschaftswachstums auf einen liebgewonnenen Feiertag wie Ostermontag oder Pfingstmontag zu verzichten, nicht gut an. Rund zwei Drittel der Deutschen lehnen den Vorschlag ab, wie eine repräsentative Forsa-Umfrage für den stern ergab. Betrachtet man nur die Antworten der arbeitenden Bevölkerung, ist die Ablehnung noch größer. Einzig die Rentnerinnen und Rentner können sich mehrheitlich für die Abschaffung eines Feiertags erwärmen – aber die haben ja auch gut reden.