Urteil: Gericht hält Grenzkontrolle in Einzelfall für rechtswidrig

Ein Österreicher steigt in Passau in einen Zug und bekommt es wegen zuvor verlängerter Grenzkontrollen mit Bundespolizisten zu tun. Er klagt vor Gericht – und bekommt in zweiter Instanz recht.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hält die Kontrolle eines Österreichers im Juni 2022 an der Grenze zu Deutschland für rechtswidrig. Zu den Gründen für dieses Urteil machte das Gericht zunächst keine Angaben. Ein Gerichtssprecher verwies in einer Mitteilung am Tag nach dem Beschluss auf die schriftlichen Urteilsgründe, mit denen in den kommenden Wochen zu rechnen sei. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. 

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof ließ zwar keine Revision zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig zu, dagegen können die Beteiligten aber Beschwerde einlegen.

Gegen die Bundesrepublik geklagt hatte ein Österreicher, der im Juni 2022 im niederbayerischen Passau in einen Zug in Richtung Frankfurt gestiegen und dort von Bundespolizisten kontrolliert worden war. Dabei sei ihm erklärt worden, dass dies Teil der wiedereingeführten, stichprobenartigen Grenzkontrollen unabhängig von konkreten Verdachtsmomenten sei. 

Verlängerung von Grenzkontrollen ausreichend begründet?

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte diese Kontrollen an der Grenze zuvor im Frühjahr 2022 zum wiederholten Mal um ein halbes Jahr verlängert. In der Verhandlung des Falles sei darüber gesprochen worden, ob die damalige Begründung der wiedereingeführten Grenzkontrollen ausreichend war, teilte das Gericht nach dem Urteil mit. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs seien dafür nämlich neue Tatsachen nötig, nicht nur eine bloße Neubewertung einer unveränderten Lage. 

Zu welchem Ergebnis der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in dieser Frage kam und ob das Gericht mit dem Urteil grundsätzliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der inzwischen bundesweiten Grenzkontrollen anmeldet, blieb in der Mitteilung vom Dienstag offen. 

Allerdings kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass „eine hinreichende Wahrscheinlichkeit bestehe, dass der Kläger unter im Wesentlichen unveränderten Bedingungen erneut kontrolliert werden würde“. Diese Tatsache – in der Kombination mit dem Sieg des Klägers vor dem Gericht – könnte darauf hindeuten, dass der Verwaltungsgerichtshof auch Defizite in der Begründung der Grenzkontrollen ausgemacht haben könnte.