Bundesgerichtshof: Grundstücksstreit: Muss eine Familie ihr Haus abreißen?

Für eine Familie aus Brandenburg steht in Karlsruhe viel auf dem Spiel. Wegen eines Fehlers bei einer Versteigerung droht ihnen der Verlust ihres Zuhauses. Sie setzen auf den Bundesgerichtshof.

Jahrelang kämpft eine Familie aus Brandenburg vor Gericht um ihr Zuhause. Muss sie nach einem Behördenfehler das Haus auf eigene Kosten abreißen und das vor rund 15 Jahren ersteigerte Grundstück räumen? Darüber will am Freitag der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe entscheiden. Trotz schlechter Aussichten bleibt der Familie ein Grund zur Hoffnung.

Angefangen hatte alles mit einer Zwangsversteigerung, bei der die betroffenen Eheleute W. 2010 das Grundstück in Rangsdorf südlich von Berlin erworben hatten. Nachdem sie darauf ein Haus gebaut und mit ihren zwei Kindern eingezogen waren, meldete sich plötzlich der ursprüngliche Eigentümer des Grundstücks. Er hatte erst nach dem Zuschlag von der Zwangsversteigerung erfahren – und forderte das Grundstück zurück.

War es ein Behördenfehler?

Das Amtsgericht Luckenwalde habe einen schwerwiegenden Fehler gemacht, entschied 2014 das Landgericht Potsdam. Denn es habe vor der Versteigerung nicht ausreichend nach dem Eigentümer gesucht. Die Versteigerung sei daher nicht rechtens. Der Zuschlag wurde aufgehoben. Das Grundstück gehöre somit weiterhin dem ursprünglichen Eigentümer.

Familie W. hat aber Zweifel daran, ob das Amtsgericht hier wirklich einen Fehler gemacht hat. Aus ihrer Sicht habe die Behörde sehr wohl im Rahmen ihrer Möglichkeiten nach dem eigentlichen Besitzer gesucht, sagte Hausbesitzerin W. vor der mündlichen Verhandlung am BGH. Sie kritisiert zudem, dass der Zuschlag aufgehoben worden sei, ohne das betroffene Ehepaar zu hören.

OLG gab Klage des Eigentümers statt

Der Eigentümer zog gegen die Eheleute vor Gericht. Das Oberlandesgericht Brandenburg verurteilte die Familie im Juni 2023 dazu, binnen eines Jahres ihr Haus abzureißen und das Grundstück zu räumen. Außerdem sollte sie eine Grundschuld über 280.000 Euro plus Zinsen für die Baukosten löschen und dem Eigentümer rund 6.000 Euro für die Nutzung des Grundstücks zahlen.

Gegen dieses Urteil legte Familie W. Revision ein, sodass der Fall in Karlsruhe landete. Die Frist für Räumung und Abriss wurde verlängert. Im Januar verhandelte der Fünfte Zivilsenat des BGH zu der Sache. Auf die Frage, ob der Zuschlag zu Recht aufgehoben wurde oder nicht, komme es heute nicht mehr an, erklärte die Vorsitzende Richterin Bettina Brückner. Schließlich sei der Beschluss des Landgerichts rechtskräftig. Die Familie habe das Grundstück daher nach vorläufiger Einschätzung des Senats wohl endgültig verloren, so Brückner.

Hausbesitzerin hofft auf Einigung

Aber nicht in allen Punkten waren die Karlsruher Richterinnen und Richter mit der Entscheidung ihrer Brandenburger Kolleginnen und Kollegen d’accord. So könnte der Kläger wohl keinen Anspruch darauf haben, dass Familie W. ihr Haus auf eigene Kosten abreißt, sowie auf Löschung der Grundschuld. Zwar müsse das Ehepaar das Eigentum herausgeben – aber „so, wie es jetzt ist“, fasste dessen Anwalt die Einschätzung des Senats zusammen.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch die Frage, ob der Kläger den Eheleuten dann Verwendungsersatz für das Haus zahlen muss. Hausbesitzerin W. hofft, dass man in diesem Fall doch noch zu einer Einigung mit dem Kläger kommen könnte, durch die sie ihr Haus und Grundstück behalten könnten. 

Im Anschluss an das Verfahren wird es wohl auch darum gehen, wie viel Geld die Familie an Schadenersatz vom Land Brandenburg bekommt. Das Land stehe in der Verantwortung, die durch den Fehler bei der Zwangsversteigerung verursachten materiellen Schäden zu ersetzen, erklärte ein Sprecher des Justizministeriums vor der Verhandlung. Das Ministerium sei mit der Familie im kontinuierlichen Austausch und strebe eine außergerichtliche Einigung an.