Baikonur: Wo die Raketen direkt vor der Haustür starten

Was macht den Ort Baikonur inmitten der kasachischen Steppe so besonders? Der irische Fotograf Andrew McConnell hat sich umgesehen. Seine Bilder geben Antwort.

Es gibt wohl nur wenige Orte auf der Erde, wo Tradition und Fortschritt so eng beieinanderliegen wie hier: Baikonur, der größte Weltraumbahnhof der Erde, gelegen in der Steppe im Süden Kasachstans. Alle drei Monate brechen dort Raumfahrer zu internationalen Missionen in den Weltraum auf, während um sie herum die Nachfahren der kasachischen Nomaden in der kargen Landschaft ihren traditionellen Lebensstil pflegen.

Der irische Fotograf Andrew McConnell hat beides dokumentiert: die Idylle der kasachischen Steppenbewohner und das Kommen und Gehen der internationalen Raumfahrt. Seine Bilder, zu sehen in der Fotogalerie oben, zeigen, wie sehr beide Lebensrealitäten miteinander verwoben sind, obwohl sie nicht weiter voneinander entfernt sein könnten.

„Ich fand ein Volk vor, das sich kaum für die Raumfahrer interessierte und doch irgendwie in dieses seltsame Ritual eingebunden war. Diese Nachfahren der Nomaden stehen wieder einmal am Rande eines neuen Horizonts“, sagt McConnell, der die Region seit 2015 mehrfach besucht und fotografiert hat. Seine Sammlung ist nun in einem Bildband mit dem Titel „Some Worlds have two Suns“ (Einige Welten haben zwei Sonnen) erschienen.

Raketenstarts locken Touristen nach Baikonur

Mittlerweile zieht das Spektakel in Baikonur Touristen aus der ganzen Welt an. Das von Russland gepachtete Areal ist knapp 7700 Quadratmeter groß und nicht frei zugänglich. Deshalb bieten Reiseunternehmen mit russischer Erlaubnis seit einigen Jahren geführte Touren an.

Dass die Nachfrage so groß ist, dürfte auch an der Geschichte von Baikonur liegen: Am 4. Oktober 1957 schossen die Sowjets von hier aus den ersten unbemannten Satelliten – Sputnik 1 – in die Erdumlaufbahn. Damals war das Kosmodrom noch ein streng geheimer Ort, an dem sich die damalige UdSSR mit den USA bei der Eroberung des Weltraums maß.

Anfang der 1960er-Jahre startete der Kosmonaut Juri Gagarin dort die erste bemannte Erdumkreisung in der Geschichte der Menschheit. Damit triumphierte die Sowjetunion über die USA, denen bis dahin nichts Vergleichbares gelungen war.

Als legendär gilt auch das Mausoleum der sowjetischen Raumfähre Buran (zu Deutsch: Schneesturm). Sie war das sowjetische Pendant zum Spaceshuttle-Programm, bei dem die USA erstmals wiederverwendbare Raketen in den Weltraum schickte. Im Gegensatz zu den US-Raketen flog die Buran-Fähre aber nur einmal ins All. Bis heute ruhen zwei Modelle des Gefährts ungestört von den Augen der Öffentlichkeit in einem Hangar. Lediglich einem französischen Fotografen gelang es, heimlich in die Raumschiffgruft einzusteigen und die Buran abzulichten.

Heute bekannt sind vor allem die Missionen der Sojus-Rakete. Das Modell ist seit Ende der 1960er-Jahre in Betrieb und gilt deshalb als sicher und kostengünstig. Die Kapsel des nicht wiederverwendbaren Raumschiffs bietet Platz für drei Personen und erreicht die ISS innerhalb von sechs Stunden. Der Rückflug dauert nur halb so lange. Nachdem das Spaceshuttle der Nasa 2011 ausgemustert wurde, waren die Sojus-Raketen kurzzeitig das einzig funktionierende Gefährt für den Weg zur ISS.

Die nächste Mission startet am 9. April 2025.