Fotografie: Alltägliche Abgründe

Der US-Amerikaner Gregory Crewdson inszeniert seit den 80er-Jahren poetische Fotografien. Sie erzählen von Einsamkeit und Isolation, von Sehnsucht und Traurigkeit.

Schönheit und Traurigkeit, Licht und Dunkel: Der US-amerikanische Fotograf Gregory Crewdson liebt die Gegensätze und Zwischenräume. Seit mehr als 40 Jahren arbeitet er als Künstler, inszeniert Szenen, die wirken wie Filmsets. Fast immer spielen sie in einer US-amerikanischen Kleinstadtkulisse. 

Vergangenes Jahr erschien ein Bildband mit seinen Werken, herausgegeben von Walter Moser. Er ist Chefkurator im Wiener Albertina-Museum, wo ebenfalls vergangenes Jahr Crewdsons Lebenswerk ausgestellt war: tiefgründige und atemberaubende Szenerien, die die Geheimnisse des Alltäglichen enthüllen und den Betrachter in ihren Bann ziehen. 

Auf Handys und moderne Autos verzichtet er auf den Bildern

Gregory Crewdson ist der Sohn eines Psychoanalytikers. „Ich habe das Gefühl, dass die Psychologie meiner Bilder auch etwas mit meiner eigenen Psychologie zu tun hat“, sagt er in einem Interview mit dem Albertina-Museum. Sehnsucht, Ruhe, Distanz, Traurigkeit – von diesen Gefühlen erzählt Crewdson in seinen Bildern besonders häufig. 

„Ich blicke ins Alltagsleben und versuche etwas zu finden, das sich wichtig, schön und bedeutend anfühlt“, sagt der 62-jährige US-Amerikaner. Auf zeitgenössische Elemente wie Handys oder moderne Autos verzichtet er dabei allerdings. Seine Bilder sollen zeitlos sein, und sich auch in der Zukunft noch wahr anfühlen.

Für immer auf der Suche nach der Bedeutung des Lebens

Der Bildband umfasst Crewdsons insgesamt neun Werkgruppen, entstanden in den letzten 30 Jahren. Dazu gehören Early Work (1986–1988), Crewdsons bekannteste Serien Twilight (1998–2002) und Beneath the Roses (2003–2008) und die jüngste Serie Eveningside (2021–2022). Crewdson plant diese Serien monatelang, bis zu hundert andere Personen sind daran beteiligt. Dazu gehören Schauspielerinnen und Schauspieler und technische Spezialisten. 

Fertig damit, die Welt abzubilden, ist man in Crewdsons Augen nie. „Jedes Bild kann nur andeuten. Deshalb muss man immer weitere Bilder machen“, sagt er im Gespräch mit dem Albertina Museum. „Man muss kontinuierlich weitersuchen nach der ultimativen Bedeutung – auch wenn sie für immer außerhalb unserer Reichweite als Menschen liegt.“