Vorwerk-Chef Thomas Stoffmehl spricht im Podcast „Alles neu…? Aus dem Maschinenraum” über den Thermomix, den Direktvertrieb – und die Schwächen des Standorts Deutschland
Nach sechs Jahren kommt ein neuer Thermomix auf den Markt. Hinter der bekannten Küchenmaschine steht das Wuppertaler Familienunternehmen Vorwerk, das auch den Staubsauger Kobold verkauft. Es ist im Besitz der Familie Mittelsten Scheid, hat 2023 über 3 Milliarden Euro umgesetzt und beschäftigte Ende 2024 weltweit mehr als 100.000 selbstständige Verkäuferinnen und Verkäufer. Capital sprach noch vor der Veröffentlichung der neuen Thermomix-Pläne mit dem Vorstandssprecher
Herr Stoffmehl, ein großer Teil des Vorwerk-Geschäftes läuft über Produktvorführungen, oft in den eigenen vier Wänden Ihrer Kunden. Was macht einen guten Verkäufer aus? Muss man da gleichzeitig auch Psychologe sein?
Wir verlangen als Einstiegskriterium kein abgeschlossenes Studium der Psychologie. Aber ein gutes Gefühl im Umgang mit Menschen hilft schon mal sehr. Die Anzahl unserer Beraterinnen und Berater weltweit ist für uns die einzig wichtige Kennzahl. Denn wenn es nicht gelingt, diese Community zu vergrößern, gelingt uns kein Wachstum. Und der Direktvertrieb lebt bei uns extrem stark vom Wettbewerb.
Was heißt das konkret? Man kennt das ja aus anderen Vertriebsorganisationen: Dürfen die besten Verkäufer die größten Autos fahren?
Ja, teilweise spielen die Autos bei uns im Staubsaugervertrieb eine Rolle. Wir haben aber zum Beispiel auch Verkaufswettbewerbe. Es gibt eine Kultur der Competition. Sie ist immanenter Teil unserer DNA und unseres Geschäfts.
Die Teemaschine Temial ist ein Beispiel für ein Produkt von Vorwerk, das floppte. Woran lag das?
Die Idee war: Warum können nicht Thermomix-Berater auch den Temial verkaufen? Das funktioniert einfach nicht. Die Leute lieben eine Produktgruppe, und sie haben kein Interesse daran, das zu erweitern. Das war ein strategischer Fehler.
Viele Unternehmen leiden unter dem Fachkräftemangel. Ist es für Vorwerk schwer, Selbstständige für den Vertrieb zu finden?
Wir spüren diesen Mangel gar nicht, auch nicht in Angestelltenpositionen.
Es sind derzeit aus den Unternehmen noch viele andere Klagen zu hören, zum Beispiel über die überbordende Bürokratie. Wie ist Ihr Blick auf den Standort Deutschland?
Es gibt Themen, die sind aus meiner Sicht eine Katastrophe. Deutschland rutscht in der Liste der attraktivsten Wirtschaftsstandorte ab. Ich sehe das nach wie vor im freien Fall. Ich hoffe, dass eine stabile Regierung da eine Lösung bringen kann. Im Wesentlichen sind es aus meiner Sicht drei Themen: Erstens hat Unternehmertum nicht den nötigen Stellenwert in Deutschland. Es zu fördern, ist nicht in unserer DNA verankert. Der zweite Punkt: Jeder redet über Bürokratieabbau. Aber dieser Bürokratieabbau findet faktisch nicht statt. Das ist eine schizophrene Situation. Der dritte Punkt ist die total verfehlte Energiepolitik, wir katapultieren uns mit diesen Energiepreisen völlig aus dem Markt. In Frankreich bauen wir gerade eine zweite Thermomix-Fabrik. Was das Thema Energiepreise angeht, finden wir dort völlig andere Voraussetzungen vor. Das ist ein Wahnsinnsstandortvorteil.