Bundestagswahl: Blaue Pfalz in schwarzem Rheinland-Pfalz – und was nun folgt

Absturz von SPD und FDP, Triumph für CDU, AfD und Linke. 31 Rheinland-Pfälzer sitzen im neuen Bundestag. Das Ergebnis dürfte auch mit Blick auf die Landtagswahl 2026 nachwirken.

Nach der Bundestagswahl ist gut ein Jahr vor der Landtagswahl. Für die in Mainz regierende Ampel dürfte es mit den aktuellen Ergebnissen auf Landesebene nicht einfacher werden. Große Gewinner sind CDU, AfD und Linke, vor allem auf SPD und FDP kommt viel Arbeit zu.

Wer hat bei der Bundestagswahl wo gut abgeschnitten?

Die CDU gewinnt in 14 von 15 Wahlkreisen in Rheinland-Pfalz. In einem – dem Wahlkreis Kaiserslautern – liegt die SPD bei den Erst- und die AfD bei den Zweistimmen vorn. SPD und FDP haben bei einer Bundestagswahl in Rheinland-Pfalz nie schlechter abgeschnitten. Neben der Union ist die AfD der große Sieger, sie verdoppelt ihr Zweistimmenergebnis gegenüber 2021 nahezu. 

Sowohl AfD als auch Linke punkten einer Analyse des Statistischen Landesamtes zufolge bei jüngeren Wählerinnen und Wählern sowie in strukturschwachen Regionen. Die SPD stürzt sogar in früheren Hochburgen ab: Ein Beispiel ist der Kreis Kusel, in dem sie zum ersten Mal seit 1976 nicht mehr stärkste Kraft wird. 

Inwieweit sticht das Ergebnis in der Pfalz ins Auge?

Im Wahlkreis Kaiserslautern holte die AfD die meisten Zweistimmen und kam auf 25,9 Prozent. Damit ist der Wahlkreis neben dem in Gelsenkirchen in Nordrhein-Westfalen der einzige in Westdeutschland, in dem die Partei bei den Zweitstimmen vorn ist. In Bayern fuhr die AfD zwar in drei Wahlkreisen noch höhere Ergebnisse ein, blieb dort aber hinter der CSU. 

Landesweit verbucht die AfD im Wahlkreis Kaiserslautern den höchsten Zuwachs an Zweistimmen. Bei den Erststimmen holt AfD-Direktkandidat Sebastian Münzenmaier dort fast jede vierte Erststimme. Einen hohen Zweistimmenanteil erringt die AfD auch im Wahlkreis Pirmasens mit 27,1 Prozent. Dass viele Arbeiter dieses Mal ihr Kreuzchen bei er AfD gemacht haben, findet die rheinland-pfälzische SPD-Chefin Sabine Bätzing-Lichtenthäler geradezu grotesk. Die AfD wolle nichts für diese Personengruppe tun, sei bei ihr aber trotzdem erfolgreich, weil das Vertrauen in etablierte Parteien fehle. 

Wie viele Rheinland-Pfälzer sitzen im neuen Bundestag?

Im Berliner Reichstagsgebäude werden künftig 31 Parlamentarier aus Rheinland-Pfalz Platz nehmen, fünf weniger als im letzten Bundestag. Darunter sind 11 von der CDU, etwa die bisherige Landtagsabgeordnete Ellen Demuth, Patrick Schnieder, Bruder von CDU-Landeschef Gordon Schnieder, Johannes Steiniger, der Generalsekretär der Landes-CDU ist und Julia Klöckner. 

Die SPD verliert fünf und schickt nur noch sieben Abgeordnete nach Berlin, darunter Matthias Mieves als Gewinner des einzigen Direktmandats für die Sozialdemokraten. Die AfD Rheinland-Pfalz erhöht die Zahl ihrer Abgeordneten von vier auf sieben. Die Grünen schicken vier Abgeordnete nach Berlin, die Linken zwei. 

Offen ist bei der Linken die Personalie Gerhard Trabert. Der Sozialmediziner war der Spitzenkandidat der Partei in Rheinland-Pfalz. Der 64-Jährige erlitt jedoch Anfang des Jahres mehrere Schlaganfälle. Ob er sein Bundestagsmandat antreten kann, ist laut einem Parteisprecher offen. 

Nicht Teil des neuen Bundestags werden drei CDU-Politiker aus dem Land, obwohl sie ihre Wahlkreise gewonnen haben: Sertac Bilgin (Ludwigshafen/Frankenthal), Dominik Sienkiewicz (Trier) sowie Ursula Groden-Kranich (Mainz). Hintergrund ist die Wahlrechtsreform. Siegreiche Wahlkreis-Kandidaten bekommen nur noch ein Mandat, wenn ihre Partei auf genügend Zweitstimmen kommt. Dafür entfallen die früher üblichen Überhang- und Ausgleichsmandates – auf diesem Weg wird der Bundestag verkleinert. 

Für Wahlkreise ohne Direktkandidaten sei es „durchaus demokratiepolitisch als schwierig einzustufen, dass diese nun keinerlei direkte Repräsentanz mehr in Berlin“ erfahren, sagt der Trierer Politikwissenschaftler Uwe Jun. Diese Schwachstelle der Wahlsystemreform bedürfe noch mal einer Überarbeitung.

Was heißt das für den Landtag in Mainz?

Ausscheiden wird bei der CDU die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Ellen Demuth, die seit 2011 Mitglied des Mainzer Landtags war. Wer für die Christdemokratin nachrückt, ist noch nicht entschieden. Auch Iris Nieland von der AfD zieht es nach rund acht Jahren im Landesparlament in Mainz in den Bundestag. Sie war zuletzt ebenfalls Vize ihrer Fraktion. Für sie rückt der Südpfälzer Eugen Ziegler für die AfD-Fraktion ins Mainzer Parlament.

Was lässt sich für die Landtagswahl und die Mainzer Ampel ablesen?

 Die Gewinner der Bundestagswahl schöpfen kräftig Mut für den Urnengang im Land im kommenden Jahr – also CDU, AfD und Linke. Die SPD betonte noch am Wahlabend, dass 2026 Landesthemen im Mittelpunkt stünden. Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD) sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Wir haben eine schon traditionelle Entkoppelung der Bundestagswahlergebnisse von den der Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz.“ 

Nicht einfacher dürfte die weitere Zusammenarbeit in der Mainzer Ampel-Koalition werden. Vor allem SPD und FDP müssen zusehen, wie sie wieder Boden gutmachen. Für Politikwissenschaftler Jun wirkt sich das FDP-Aus im Bundestag auf eine mögliche Neuauflage einer Ampelregierung in Rheinland-Pfalz aus. Die FDP gehe geschwächt in den nächsten Landtagswahlkampf, damit werde es noch mal herausfordernder und schwieriger, erneut eine Mehrheit für eine Ampel in Rheinland-Pfalz herzustellen.

Bei der FDP stehen an mehreren Stellen Personalien an. Zum einen muss nach dem Tod von Herbert Mertin der Posten des Justizministers zügig neu besetzt werden, zum anderen ist nach dem Parteiaustritt von Volker Wissing im Zuge des Ampel-Bruchs in Berlin noch kein neuer Landeschef gewählt. 

Was fordern Wirtschaftsverbände?

Die rheinland-pfälzische Wirtschaft macht Druck für eine zügige Regierungsbildung in Berlin: Nur eine handlungsfähige Bundesregierung könne die notwendigen wirtschaftspolitischen Reformen unverzüglich anpacken und so Vertrauen und Planungssicherheit wiederherstellen, mahnte Arne Rössel, Hauptgeschäftsführer der IHK-Arbeitsgemeinschaft Rheinland-Pfalz, und forderte einen Abschluss der Koalitionsverhandlungen noch im Frühjahr. „Stillstand ist keine Option mehr“, befand der Hauptgeschäftsführer der Landesvereinigung Unternehmerverbände Rheinland-Pfalz, Karsten Tacke.