TV-Duell: Scholz und Merz über Liebe, einen Schicksalsschlag – und einen gemeinsamen Flug

Es ist das zweite TV-Duell von Olaf Scholz und Friedrich Merz vor der Bundestagswahl. Dieses Mal geht es auch um Persönliches – neben den üblichen Themen Migration und Wirtschaft.

Geht da vielleicht doch etwas? Ein gewisses Vertrauen scheinen SPD-Kanzler Olaf Scholz und CDU/CSU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz zueinander zu haben. Beim TV-Duell von „Welt“ und „Bild“ beantwortete Scholz die Frage, ob er zu Hobbypilot und Flugzeugbesitzer Merz in die Maschine steigen würde, klar mit „ja“. Und schob hinterher: „Ich nehme an, er hat den Pilotenschein zu Recht.“ Und Merz würde ihn auch mitnehmen – wobei: „Es kommt darauf an, von wo nach wo.“ Von Berlin aus nach Hause schon.

Das passte ins Bild, denn der CDU-Vorsitzende will den SPD-Kanzler bei der Bundestagswahl am Sonntag nach Hause schicken, wie er gleich zu Beginn des am Nachmittag aufgezeichneten und am Abend zur Primetime gesendeten Duells deutlich machte. „Herr Bundeskanzler, da wird jetzt kein Wunder mehr passieren über die nächsten vier Tage“, sagte Merz mit Blick auf die Meinungsumfragen, in denen die Union weit vor der SPD liegt. „Ihre Kanzlerschaft dürfte am Sonntag beendet sein.“

Dass auch umgekehrt zumindest ein Mindestmaß an Vertrauen da ist, bewies Merz, als er die Frage bejahte, ob er zu Scholz ins Ruderboot steigen würde. „Und da ich ganz gut schwimmen kann, auch ohne Schwimmweste.“ Auch hier ging es aber nicht ohne eine kleine Spitze. „Ich bin in der Regel Schlagmann, wenn ich zu zweit rudere. Das finde ich ziemlich gut“, so der Kanzler. Soll heißen: Scholz gibt den Takt vor – was er auch nach dem Sonntag im Kanzleramt weiter machen möchte.

Streit über Steuersenkungen

Das Moderatorenteam – „Bild“-Chefredakteurin Marion Horn und „Welt“-Chefredakteur Jan Philipp Burgard – fragte jedoch nicht nur weiche Themen ab. Dabei wurden einmal mehr die Unterschiede zwischen Amtsinhaber und Herausforderer deutlich. Beispiel: Was tun, um die kränkelnde deutsche Wirtschaft wieder auf Wachstumskurs zu bringen? 

Scholz nannte den „Made-in-Germany-Bonus“ der SPD, eine Investitionsprämie für Unternehmen und eine Reform der Schuldenbremse. Merz konterte: „Das ist das alte Lied der Sozialdemokraten: höhere Steuern, höhere Staatsverschuldung, höhere Staatsausgaben.“ Das könne nicht die Lösung sein. Energiepreise runter, Steuern runter, harter Rückbau der Bürokratie – das sei die Lösung.

Steuern runter? Da wurde Scholz angriffslustig: „Herr Merz möchte Leuten, die so viel verdienen wie er und ich, oder noch viel mehr, 20 Milliarden Euro Steuersenkung schenken – 85.000 für einen Dax-Vorstand, 10 Euro pro Monat für eine Verkäuferin. Das ist nicht in Ordnung.“

Friedrich Merz zur Erhöhung der Mehrwertsteuer

Nicht eindeutig wurde Merz bei der Frage an die Kandidaten, ob sie eine Mehrwertsteuererhöhung ausschließen. Scholz bejahte dies klar. Merz antwortete: „Ich möchte die Mehrwertsteuer nicht erhöhen.“ Auf die Bemerkung der Moderatoren, er schließe eine Erhöhung also nicht aus, sagte er: „Wir werden doch möglicherweise auch Koalitionsverhandlungen zu führen haben.“ Er halte eine Erhöhung persönlich aber für den falschen Weg.

Die Mehrwertsteuer ist häufig ein wichtiges Thema in Bundestagswahlkämpfen. Scholz warnte, ein „Desaster“ wie im Wahlkampf 2005 dürfe sich nicht wiederholen. Damals hatte die Union angekündigt, die Mehrwertsteuer um zwei Prozentpunkte anheben zu wollen. Die SPD lief dagegen Sturm. Die große Koalition aus genau diesen beiden Partnern beschloss kurz darauf dann sogar eine Erhöhung um drei Prozentpunkte.

Olaf Scholz zu Sanktionen für arbeitsunwillige Bürgergeldempfänger

Näher beieinander lagen der SPD- und der CDU-Mann beim Bürgergeld. Beide forderten härtere Sanktionen für arbeitsunwillige Bezieher dieser staatlichen Leistung. „Es gibt auch jetzt schon Leistungskürzungen, aber sie sind zu verschärfen“, sagte Scholz. Merz betonte, man müsse einem Menschen, der arbeiten könne, aber nicht wolle, sagen, „dass der Staat nicht bereit ist, das länger zu akzeptieren“.

Umstritten war allerdings der Weg. Scholz schlug vor, Betroffenen öffentlich geförderte Jobangebote zu machen, um klar nachweisen zu können, „dass jemand offenbar sich drückt“.

Merz lehnte dieses Modell ab. „Geben Sie mir die Antwort, warum das sein muss, wenn wir 700.000 offene Stellen haben, die nicht besetzt werden können. Warum müssen Sie dann immer wieder über öffentliche Förderung reden und noch mehr Geld ausgeben für dieses verkorkste System?“ Antwort Scholz: Kein Handwerksmeister werde dem Staat die Aufgabe abnehmen, den Nachweis zu führen, dass sich jemand davor drückt, einen Job anzunehmen.

Diskussion über irreguläre Migration und Abschiebungen 

Klar: Das den Wahlkampf beherrschende Thema Migration durfte auch in dieser Runde nicht fehlen. Scholz wies auf erste Erfolge beim Zurückdrängen der irregulären Migration und bei Abschiebungen hin, räumte aber ein, dass diese noch nicht ausreichten.

Merz wurde drastisch: „Wir haben in Deutschland ungefähr 500 amtlich bekannte Gefährder, überwiegend aus Afghanistan und aus Syrien.“ Man habe aber kein Instrument an der Hand, diese festzunehmen und abzuschieben. „Die laufen da draußen frei rum. Und mir sagt ein Landrat aus Baden-Württemberg, das ist nicht meine Formulierung: Das sind tickende Zeitbomben.“

Merz kritisierte auch, dass aus Afghanistan noch immer frühere, vor allem für die Bundeswehr tätige Ortskräfte nach Deutschland geholt würden. „Sind wir denn wahnsinnig geworden?“

Verhältnis zur AfD

Das Thema Zusammenarbeit mit der AfD war zu verlockend für Scholz, um es nicht erneut anzusprechen. „Sagen Sie es doch: Sie lassen sich von der AfD nicht zum Kanzler wählen“, forderte er Merz auf. Dieser bekräftigte daraufhin: „Ich möchte eine stabile Mehrheit im Deutschen Bundestag für eine neue Regierung haben, und die wird es nicht mit der AfD geben, weder direkt noch indirekt.“

Eine Zusammenarbeit mit der AfD nach der Bundestagswahl schloss Merz erneut aus: „Ich will das noch mal sehr deutlich sagen, damit da wirklich keine Missverständnisse entstehen, auch beim Bundeskanzler nicht: Es wird keine Zusammenarbeit mit der AfD geben, und das ist klar und endgültig.“

Glück in der Liebe und ein Schicksalsschlag

Wirklich neu waren die Antworten der beiden Kontrahenten bei den harten Themen nicht – Wahlkampf besteht halt aus viel Wiederholungen. Aufhorchen ließ das eher das Private, nach dem sich die Chefredakteure Horn und Burgard auch erkundigten. Auf die Frage, welcher Schicksalsschlag sein Leben besonders geprägt habe, sagte Scholz: „Mein Leben ist sehr gelungen, was mein privates Leben, was die Liebe betrifft.“ 

Merz dagegen berichtete, der frühe Tod von zweien seiner drei Geschwister habe bei der Familie tiefe Spuren hinterlassen. Darüber rede er nicht häufig, es seien aber „Erlebnisse meiner Familie, die bis heute nachhallen“. Auf die Nachfrage der Moderatoren, ob auch er Glück in der Liebe habe, sagte Merz: „Das würde ich so sagen.“