In Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt haben in den vergangenen Jahren mehr Menschen die Diagnose Alkoholsucht erhalten. Vor allem Männer und Frauen in der zweiten Lebenshälfte sind betroffen.
Mehr als 184.930 Menschen sind in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt einer Hochrechnung zufolge zuletzt wegen Alkoholsucht in medizinischer Behandlung gewesen. Das geht aus einer Auswertung des Instituts für Gesundheitssystemforschung der Krankenkasse Barmer hervor, die dafür Daten von Barmer-Versicherten herangezogen hat, die im Jahr 2023 die gesicherte Diagnose „Psychische und Verhaltensstörungen durch Alkohol“ erhalten haben. Im Vergleich zu 2018 hätten damit rund 11.000 Menschen mehr in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt die Diagnose erhalten.
Besonders häufig betroffen sind demnach Menschen in der zweiten Lebenshälfte. Bei den 55- bis 64-Jährigen ist im genannten Zeitraum in den drei Ländern Alkoholsucht bei rund 40.620 Männern und 11.680 Frauen diagnostiziert worden, hieß es. „Die tatsächliche Zahl der Betroffenen wird wesentlich höher liegen. Es ist an der Zeit, die gesellschaftliche Verharmlosung von Alkohol hierzulande kritisch zu hinterfragen“, sagte Birgit Dziuk, Landesgeschäftsführerin der Barmer in Thüringen.
Alkoholsucht sei eine zerstörerische Krankheit mit tiefgreifenden Folgen für Gesundheit, Psyche, soziale Bindungen und berufliche Perspektiven. Trotz gravierender Auswirkungen werde das Problem oft unterschätzt und tabuisiert. Alkohol sei leicht zugänglich und deshalb in der Gesellschaft weit verbreitet, was die frühzeitige Erkennung und Behandlung von Abhängigkeit erschwere, hieß es weiter.
Große regionale Unterschiede bei Alkoholsucht
Deutschlandweit waren laut Barmer mehr als 1,4 Millionen Menschen wegen Alkoholsucht in Behandlung. Der Analyse zufolge gibt es jedoch große regionale Unterschiede. In Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen etwa liegt der Anteil alkoholkranker Menschen über ein Drittel höher als im Bundesschnitt. Dort wurden im Jahr 2023 etwa 2,6 beziehungsweise 2,3 Prozent der Bevölkerung wegen Alkoholsucht behandelt. Der Bundesschnitt beträgt knapp 1,7 Prozent. In Sachsen-Anhalt und Thüringen liegt die Rate bei rund 2,2 beziehungsweise rund 2,1 Prozent und damit ebenfalls deutlich über dem bundesweiten Mittel.
Die erheblichen regionalen Unterschiede bei Alkoholsucht ließen sich nicht allein medizinisch erklären, so Dziuk. Auch soziale und demografische Faktoren dürften angesichts der unterschiedlichen Werte vermutlich eine Rolle spielen.