Hunderte Fahrräder werden aus der Asservatenkammer der Leipziger Polizei illegal verkauft. Eine Polizistin als Mitverantwortliche ist nun verurteilt worden. Ob sie im Polizeidienst bleibt, ist unklar.
Vor gut fünf Jahren hatte der „Fahrradgate-Skandal“ um den illegalen Verkauf von sichergestellten Rädern bei der Polizei Leipzig für landesweites Aufsehen gesorgt. Das Landgericht Leipzig hat nun eine Polizistin als damalige Mitverantwortliche der Asservatenkammer wegen Bestechlichkeit und Untreue in knapp 70 Fällen verurteilt. Das Landgericht verhängte eine Geldstrafe in Höhe von 380 Tagessätzen à 45 Euro, also insgesamt 17.100 Euro.
„Die Räder hätten nicht einfach an Dritte herausgegeben werden dürfen. Und die Zahlungen hätten an die Kasse des Freistaates gehen müssen“, begründete der Vorsitzende Richter am Landgericht Leipzig, Rüdiger Harr, die Entscheidung gegen die suspendierte Polizeihauptmeisterin. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Erst 155 Fälle angeklagt – 72 bleiben übrig
Ursprünglich ging es in der Anklage der Generalstaatsanwaltschaft um gut 155 Fälle. Demnach sollte die Polizistin von August 2014 bis November 2018 mindestens 265 zum Teil hochwertige Fahrräder weitergegeben haben – überwiegend an Polizisten, auch von der Bereitschaftspolizei und dem Landeskriminalamt.
Am Ende des Verfahrens waren 72 Fälle übrig geblieben. Der Staatsanwalt hatte in seinem Plädoyer eine Gesamtstrafe in Höhe von einem Jahr und vier Monaten gefordert. Die Verteidigung hatte keinen konkreten Antrag gestellt, hielt aber eine Geldstrafe oder einen Schuldspruch ohne Strafe für angemessen.
Das Strafmaß ist für die Angeklagte auch aus dienstlicher Sicht relevant. Bei einer Verurteilung wegen Bestechlichkeit zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem halben Jahr würde sie automatisch aus dem Beamtenverhältnis entlassen. Bei einer Geldstrafe müsste nach Angaben des Vorsitzenden Richters verwaltungsrechtlich über das Dienstverhältnis entschieden werden. Derzeit ruht ein Disziplinarverfahren gegen die 47-Jährige.
Angeklagte hat Vorwürfe stets zurückgewiesen
Es sei in all den Jahren viel passiert, „das all das begünstigt hatte“, hielt der Richter der Angeklagten zugute. Es schien vielen Menschen und auch einigen Vorgesetzten bekannt, dass in der Asservatenkammer günstig Fahrräder zu bekommen seien.
Die 47-Jährige hatte die Vorwürfe stets zurückgewiesen. Sie habe sich nicht persönlich bereichert und kein Geld für sich behalten. Das gespendete Geld habe sie an einen gemeinnützigen Verein weitergegeben.
Laut Gericht war ein Geldfluss in vier Jahren in Höhe von knapp unter 4.000 Euro nachweisbar gewesen. Bei der Höhe sei weder ein gewerbsmäßiges Handeln erkennbar, noch habe es sich um eine persönliche Einnahmequelle gehandelt, betonte Richter Harr. Daher bewertete die Kammer die Taten als minderschwere Fälle.
Alle anderen Verfahren wurden eingestellt
Die Fahrräder waren größtenteils gestohlen und später von der Polizei sichergestellt worden. Die ursprünglichen Besitzer und auch die Versicherungen hatten die Fälle bereits abgegolten und kein Interesse mehr an den Rädern gehabt. Diese sollten entweder entsorgt oder an einen gemeinnützigen Verein übergeben werden. So waren die Räder polizeiintern als herrenlos bezeichnet worden.
Im Verlaufe des Verfahrens war gegen rund 200 Polizisten, Beschäftigte der Justiz sowie gegen Angehörige und Vereine ermittelt worden, die als Käufer der Räder galten. Der Vorwurf: Mittäterschaft, Anstiftung oder Beihilfe zum Diebstahl. Alle Verfahren wurden eingestellt, bis auf dieses.
Die 47-Jährige hatte am Rande der Verhandlung geäußert, sich eine Rückkehr in den Polizeidienst durchaus vorstellen zu können. „Den Beruf habe ich erlernt und je nachdem was man mir anbietet, würde ich auch wieder als Polizistin arbeiten“. Dies liege aber nicht in ihren Händen.